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BGH, Urteil vom 17.12.2014 – XII ZR 170/13 – “Wirtschaftlichkeitsgebot bei der Vergabe von Verwalterleistungen


In Rechtsstreitigkeiten über Betriebskosten wird nicht selten von Mietern eingewandt, die Kosten für Verwalterleistungen seien überhöht und es liege ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot vor. Bei gewerblichen Mietern, die mehrere Mietobjekte angemietet haben, wird häufig geltend gemacht, man habe andere Objekte angemietet, bei denen die Verwaltungskosten deutlich niedriger seien und deshalb liege ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot vor. Der Vergleich mit anderen angemieteten Mietsachen des Mieters verdeutliche, dass es dem Vermieter möglich sei, die Verwaltungsleistungen günstiger einzukaufen.

Mit Urteil vom 17.12.2014 – XII ZR 170/13 – hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass derartige Einwendungen eines Mieters nicht hinreichend substantiiert und deshalb prozessual unbeachtlich sind. Vielmehr müsse ein Mieter vortragen, dass die konkret in Anspruch genommene Leistung in der Region üblicherweise günstiger zu erhalten sei. Der Vortrag des Mieters muss erkennen lassen, dass er nachvollziehbar zu dem Schluss gelangt ist, der Vermieter habe für die zu Grunde liegende Leistung einen überhöhten Preis bezahlt.

Im entschiedenen Fall ging es um die Betriebskostenabrechnung über einen in einem SB-Markt belegenen Getränkeshop. Der Mietvertrag enthält die formularmäßig vereinbarte Verpflichtung des Mieters zur Übernahme von Nebenkosten, bei denen unter den „Kosten des Betriebs“ unter anderem „Verwaltungskosten“ aufgeführt sind. Der Mieter argumentiert, die formularmäßige Umlagevereinbarung sei nicht wirksam und es liege ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot vor, weil er an anderen Standorten deutlich geringere Verwaltungskosten zahlen müsse. Diese Einlassung des Mieters ist nicht hinreichend substantiiert, er wird zur Zahlung der Verwaltungskosten verurteilt.

Der Bundesgerichtshof führt wiederholend aus, dass Verwaltungskosten grundsätzlich umlagefähig sind (so bereits BGH NZM 2010, 279). Der Mieter prozessiert nicht gerade professionell, weil er unstreitig stellt, dass die abgerechneten Kosten dem vertraglichen Begriff der Verwaltungskosten unterfallen. Hierbei verkennt der Mieter, dass der Einwand, die abgerechneten Kosten seien keine Verwaltungskosten im Rechtssinne, durchaus Erfolg versprechend ist. Der Bundesgerichtshof geht nämlich davon aus, dass der an sich intransparente Begriff der Verwaltungskosten nur deshalb hinreichend transparent ist, weil es eine gesetzliche Definition der Verwaltungskosten in der Betriebskostenverordnung (und damit übereinstimmend in der II. Berechnungsverordnung) gibt. Dieser Begriff ist aber auf das Wohnungsmietrecht zugeschnitten und passt häufig im Gewerberaummietrecht nicht. Deshalb wäre der Mieter gut beraten gewesen, wenn er im Einzelnen durch Belegeinsicht überprüft hätte, welche Leistungen sich hinter den abgerechneten Verwaltungskosten verbergen und sich mit der Frage auseinandergesetzt hätte, ob derartige Kosten unter den gesetzlichen Begriff der Verwaltungskosten fallen.

Ebenso schlecht und schlampig ist die Argumentation des Mieters zum angeblichen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Er hätte sich nicht darauf beschränken dürfen, auf von ihm bei anderen Objekten bezahlte Verwaltungskosten zu verweisen. Dies ist von vornherein ungeeignet, um einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot zu begründen, da sich in aller Regel nicht beurteilen lässt, ob die Verwaltungsleistungen bei den verschiedenen Objekten vergleichbar sind. Der Mieter hätte sich vielmehr die Mühe machen müssen zu ermitteln, zu welchem Preis es möglich gewesen wäre, in der Region und Kommune, in der sich das Mietobjekt befindet, auf dem Vermietungsmarkt Verwaltungsleistungen  einzukaufen.

Gegen die Umlegung überhöhter oder nicht erforderlicher Kosten ist der Mieter durch das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot geschützt. Dies bezeichnet die auf Treu und Glauben beruhende vertragliche Nebenpflicht des Vermieters, den Mieter nur mit Nebenkosten zu belasten, die erforderlich und angemessen sind (BGH NJW 2008, 440 Rn. 14). Nur solche Kosten darf der Vermieter in Ansatz bringen. Für die Wohnraummiete ist diese Verpflichtung in § 556 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 BGB niedergelegt. Sie gilt gemäß § 242 BGB auch für die Geschäftsraummiete. Auch der Vermieter von Geschäftsräumen darf nach Treu und Glauben nur solche Kosten auf den Mieter umlegen, die dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügen (BGH NJW 2010, 3647 Rn. 17 f. m.w.N.). Veranlasst der Vermieter den Anfall überhöhter Kosten, so verletzt er die aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot folgende vertragliche Nebenpflicht und ist insoweit zur Freihaltung des Mieters verpflichtet (BGH NJW 2010, 671 Rn. 11).

Den Vermieter trifft nur die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die umgelegten Kosten angefallen und von der vertraglichen Vereinbarung abgedeckt sind. Demgegenüber folgt aus der Einordnung des Wirtschaftlichkeitsgebotes als vertragliche Nebenpflicht, deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB auslöst, dass die Darlegungs- und Beweislast insoweit den Mieter trifft (BGH NJW 2011, 3028 Rn. 16). Grundsätzlich trägt der Vermieter insoweit auch keine sekundäre Darlegungslast, die ihn zur näheren Darlegung der für die Wirtschaftlichkeit erheblichen Tatsachen, etwa eines Preisvergleichs, verpflichten würde (BGH NJW 2011, 3028 Rn. 21). Die Beurteilung der Angemessenheit von Verwaltungskosten, von denen sich der Mieter durch Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen Kenntnis verschaffen kann, ist dem Mieter ebenso möglich wie dem Vermieter. Für eine sekundäre Darlegungslast des Vermieters fehlt somit die Rechtfertigung.

Die Anforderungen an die dem Mieter obliegende Darlegung der Umstände, die für einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot sprechen, dürfen nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht überspannt werden (so auch die Vorsitzende des für die Wohnungsmiete zuständigen Senats des Bundesgerichtshofs, Frau Milger, in einem Aufsatz in NZM 2012, 657). Insbesondere dürfen die Anforderungen an die Darlegung nicht so weit gehen, dass sie das Gericht von der Richtigkeit der behaupteten Tatsache bereits überzeugen müssen. Auf der anderen Seite genügt es für die Darlegung einer Nebenpflichtverletzung des Vermieters noch nicht, wenn der Mieter die Angemessenheit und Üblichkeit der Kosten nur bestreitet und lediglich pauschal behauptet, dass die betreffenden Leistungen zu überhöhten Preisen beschafft worden seien. Vielmehr ist von ihm die Darlegung zu erwarten, dass gleichwertige Leistungen nach den örtlichen Gegebenheiten zu einem deutlich geringeren Preis zu beschaffen gewesen wären. Nur dann kann dem Vermieter, dem bei der Auswahl seiner Vertragspartner ein Ermessensspielraum zuzugestehen ist, eine Pflichtverletzung vorgeworfen werden.

Somit war der Vortrag des Mieters, er müsse an von ihm an anderen Orten angemieteten Vergleichsobjekten deutlich geringere Verwalterkosten zahlen, nicht ausreichend und deshalb prozessual unbeachtlich. Der Mieter hatte nicht hinreichend verdeutlicht, dass diese Vergleichsobjekte im Hinblick auf Vertragsinhalt, Größe und regionalen Bezug ohne weiteres mit der streitgegenständlichen Mietsache vergleichbar waren. Deshalb wurde er verurteilt, die abgerechneten Verwaltungskosten zu tragen.

Die Entscheidung ist zum einen rechtlich interessant. Zum anderen verdeutlicht sie, dass der Ausgang eines Rechtsstreits wie häufig auch davon abhängt, wie fleißig und sorgfältig ein Anwalt arbeitet. Es mag Lebensbereiche wie insbesondere die Kunst geben, bei der es auf Genialität ankommt. Diese braucht man in der Juristerei höchst selten. Entscheidend ist Fleiß und Sorgfalt.