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OLG Celle, Beschluss vom 17.11.2014 – 2 U 133/14 – “Verjährung des Nachzahlungsanspruchs bei einer Nachberechnung von Betriebskosten


Zwischen den Parteien des Rechtsstreits bestand ein Gewerberaummietvertrag. Die Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2005 bis 2007 wurden jeweils im Folgejahr vorgenommen, für 2007 wurde Ende des Jahres 2008 abgerechnet. Der Vermieter hatte den Abrechnungen jeweils die Verbrauchsabrechnungen der Stadtwerke Hannover beigefügt. Aus diesen Abrechnungen war ersichtlich, dass die für den Gasverbrauch berechneten Arbeitspreise auf Schätzungen basierten. Die Stadtwerke Hannover übersandten schließlich mit Schreiben vom 28.05.2013 eine neue Abrechnung, auf deren Grundlage der Vermieter binnen zwei Wochen nach Erhalt der neuen Abrechnung der Stadtwerke  die streitigen Heizkosten für die Jahre 2005 bis 2007 neu abrechnete. Der Mieter wandte ein, der Anspruch des Vermieters auf Erstattung der Heizkosten sei verjährt. Dieser Meinung folgte das Oberlandesgericht Celle in einem Beschluss vom 17.11.2014 – 2 U 133/14 – nicht.

Das Oberlandesgericht führt aus, die Nachforderung für den Gasverbrauch der Jahre 2005 bis 2007 sei nicht verjährt, weil die Verjährungsfrist der geltend gemachten Ansprüche auf Nachzahlung der Heizkosten jedenfalls nicht vor Kenntnis des Vermieters von den anspruchsbegründenden Tatsachen begann. Nach der Regelung des § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Es ist damit regelmäßig auf die Möglichkeit des Gläubigers, den Anspruch durch Rechtsverfolgung verjährungshemmend geltend zu machen, als maßgeblichen Anknüpfungspunkt des Verjährungsbeginns abzustellen. Solange dem Gläubiger diese Möglichkeit rechtlich noch nicht eröffnet ist, ist ein Anspruch auch noch nicht „entstanden“ im Sinne des Verjährungsrechts (BGHZ 79, 176). Die erforderliche Kenntnis von den die Ansprüche begründenden Umständen hatte der Vermieter vorliegend aber erst mit Zugang der neuen Abrechnung der Stadtwerke Hannover am 28.05.2013, so dass die dreijährige Verjährungsfrist nicht vor dem Schluss des Jahres 2013 zu laufen begann. Vor Zugang der Abrechnung vom 28.05.2013 konnte der Vermieter keine Nachberechnung des Gasverbrauchs vornehmen.

Der Mieter kann insoweit nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Verjährungsfrist für Nebenkostennachforderungen des Vermieters stets durch die erstmalige Erteilung einer Betriebskostenabrechnung in Gang gesetzt werde. Der Vermieter ist nicht etwa gehalten, die Betriebskostenabrechnung zur Vermeidung der Verjährung insgesamt zurückzustellen, wenn er eine einzelne Betriebskostenposition ohne sein Verschulden nur vorläufig abrechnen konnte, weil die endgültige, korrigierte Abrechnung des Versorgungsunternehmens noch nicht vorlag.

Etwas verwirrend ist allerdings die Darlegung des Oberlandesgerichts Celle, der Vermieter habe auch seine Verpflichtung erfüllt, eine Nachberechnung durch nachträgliche Korrektur alsbald nach Wegfall des Hindernisses vorzunehmen, hier nämlich innerhalb von zwei Wochen ab Erhalt der neuen Abrechnung des Gasverbrauchs durch die Stadtwerke Hannover. Durch einen Hinweis auf das Urteil BGH NJW 2006, 3305 scheint das Oberlandesgericht Celle davon auszugehen, dass der Vermieter bei einer nachträglichen Korrektur der Betriebskostenabrechnung verpflichtet sei, diese Korrektur alsbald vorzunehmen. Es ist durchaus zweifelhaft, ob diese Rechtsauffassung richtig ist, was sogleich darzulegen ist. Dennoch gebietet es die Vorsicht, aufgrund der Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle nachträgliche Korrekturen einer Betriebskostenabrechnung auch im Gewerberaummietrecht unverzüglich nach Wegfall des Hindernisses vorzunehmen. Die Auffassung des Oberlandesgerichts Celle, eine derartige Verpflichtung folge aus dem von ihm zitierten Urteil des BGH in NJW 2006, 3350, ist aber nicht überzeugend. Das Urteil des Bundesgerichtshofs betrifft nämlich die Wohnungsmiete. Dort ist der Vermieter verpflichtet, die Betriebskostenabrechnung binnen einer Jahresfrist nach Ablauf des Abrechnungszeitraumes vorzunehmen. Nach Ablauf dieser Jahresfrist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Wohnungsvermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB). Im Urteil NJW 2006, 3150 führte der Wohnraummietsenat des BGH aus, dass der Vermieter, der die Jahresfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB für die Abrechnung von Betriebskosten zunächst unverschuldet nicht einhalten kann, die verspätete Geltendmachung einer Nachforderung dennoch zu vertreten hat, wenn er sich damit auch dann noch unnötig viel Zeit lässt, nachdem ihm die notwendigen Unterlagen für die Abrechnung vorliegen. Im Regelfall sei der Wohnungsvermieter gehalten, die Nachforderung innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Abrechnungshindernisses zu erheben. Davon scheint auch das Oberlandesgericht Celle für die Gewerberaummiete auszugehen. Da § 556 Abs. 3 BGB aber nur die Wohnungsmiete betrifft, ist diese Rechtsmeinung des Oberlandesgerichts Celle nicht überzeugend. Dennoch wird der vorsichtige Vermieter Nachforderungen durch eine nachträgliche Korrektur unverzüglich geltend machen, um nicht Gefahr zu laufen, dass seine Klage unter Hinweis auf die Auffassung des Oberlandesgerichts Celle abgewiesen wird.