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BGH, Beschluss vom 08.10.2014 – XII ZB 318/11 – “Wirksamkeit/Anpassung von Eheverträgen


Es ist mittlerweile anerkannt, dass Eheverträge einer (zweistufigen) gerichtlichen Überprüfung unterliegen können. Zunächst ist zu überprüfen, ob ein Ehevertrag grundsätzlich wirksam ist. Die Wirksamkeit kann versagt werden, soweit festzustellen ist, dass nach den Umständen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein Nichtigkeitsgrund, z.B. die Ausnutzung einer wesentlich stärkeren Verhandlungsstellung zur Durchsetzung eine einseitige Lastenverteilung vorlag. Steht die Wirksamkeit nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses fest, kommt eine Ausübungskontrolle in Betracht. Dabei ist eine Anpassung des Ehevertrages bei abweichender Entwicklung innerhalb der Ehezeit möglich. Mit den diesbezüglichen Fragen hatte sich der Bundesgerichtshof erneut in einer Entscheidung vom 08.10.2014 – XII ZB 318/11 (NJW 2015,52 ff.) zu befassen.

In dem zu entscheidenden Fall war ein Ehevertrag zwischen zwei zum Zeitpunkt der Heirat selbstständig tätigen Eheleuten geschlossen worden. Beide Eheleute haben jeweils ein minderjähriges Kind aus erster Ehe eingebracht, gemeinsame Kinder sind aus der Ehe nicht hervorgegangen. Unter anderem wurde der Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Der Ehemann hat als Zahnarzt mit eigener Praxis Versorgungsanwartschaften erworben, die Ehefrau, selbstständige Physiotherapeutin, nicht. Während das Amtsgericht einen Versorgungsausgleich aufgrund des vertraglichen Ausschlusses abgelehnt hat, wurde dieser durch das Beschwerdegericht durchgeführt. Der Bundesgerichtshof hat die amtsgerichtliche Entscheidung wiederhergestellt.

Tragendes Argument war, dass ein ehebedingter Nachteil zulasten der Ehefrau hinsichtlich von Versorgungsanwartschaften nicht eingetreten ist. Nach den zu Grunde liegenden Feststellungen wurde eine Altersvorsorge durch die Ehefrau stets nur durch eine veräußerbare Praxis und eine Kapitalbildung betrieben, Positionen, welche dem Zugewinnausgleich und nicht dem Versorgungsausgleich unterfallen.

Zwar wurde durch den Ehevertrag auch der Zugewinnausgleich ausgeschlossen. Durch den Bundesgerichtshof wurde mit vorliegender Entscheidung jedoch nochmals bestätigt, dass auch eine Anpassung des Zugewinnausgleiches nach der Entwicklung in der Ehezeit, zur Vermeidung unbilliger Härten, möglich sei. Grundlage für eine entsprechende Annahme, Notwendigkeit einer Überprüfung des Ausschlusses des Zugewinnausgleiches, war, dass die Ehefrau bei Heirat eine Großpraxis mit mehreren Angestellten betrieben hat, welche diese in der Ehezeit veräußerte, mit zukünftig lediglich eigener Tätigkeit, selbstständig, innerhalb der Ehewohnung.

Aus der Entscheidung ergibt sich die Bestätigung, dass es für die Wirksamkeitskontrolle auf die tatsächlichen Verhältnisse und die Vorstellungen der Eheleute bei Abschluss des Vertrages ankommt und bezüglich der Ausübungskontrolle auf die Vermeidung ehebedingter Nachteile bzw. deren Kompensation. Allerdings sind auch ehebedingte Nachteile nicht schlechterdings auszugleichen. Alternativ ist zu berücksichtigen, inwieweit überhaupt im jeweiligen System (Zugewinnausgleich/Versorgungsausgleich) ohne den Ehevertrag ein Ausgleich stattgefunden hätte.