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BGH, Urteil vom 11.12.2014 – III ZR 365/13 – “Wann liegt eine ordnungsgemäße Beratung eines Anlegers bei einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer GbR vor?


Der klagende Anleger beteiligte sich im Jahr 1998 an der M. GbR (Fondsgesellschaft) mit einem Betrag von DM 70.000,00 zzgl. 5 % Agio. Der Kauf erfolgte aufgrund einer Empfehlung eines Generalsrepräsentanten der Beklagten.

Die Fondsgesellschaft geriet in wirtschaftliche Schieflage, am 01.01.2003 wurde über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger nimmt die Beklagte wegen Verletzung des Beratungsvertrages in Anspruch. Er macht geltend, dass die Anlage für seine Altersvorsorge gewollt gewesen war und diesem Anlageziel die Beteiligung nicht entsprochen hat. Über das Totalverlustrisiko, die praktisch fehlende Fungibilität, das persönliche Haftungsrisiko der Anleger wurde nicht aufgeklärt, so der Kläger. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil abgeändert und den Klaganspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Der Bundesgerichtshof hebt das Urteil auf und verweist die Sache an das Berufungsgericht zurück.

Der Bundesgerichtshof widerspricht der Ansicht des Oberlandesgerichtes, wonach der Kläger nicht anlegergerecht beraten worden ist. Der Anlageberater muss bei einer anlegergerechten Beratung die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden berücksichtigen und insbesondere das Anlageziel, die Risikobereitschaft und den Wissensstand des Anlageinteressenten abklären. Die empfohlene Anlage muss auf das Anlageziel und die persönlichen Verhältnisse zugeschnitten sein. Wenn das beabsichtigte Rechtsgeschäft einer sicheren Geldanlage dienen soll, kann die Empfehlung einer unternehmerischen Beteiligung wegen der damit verbundenen Verlustrisiken fehlerhaft sein. Aber nicht schon der Umstand, dass eine Kapitalanlage auch der ergänzten Altersvorsorge hat dienen sollen, legt den Schluss nahe, dass die Empfehlung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds keine anlegergerechte Beratung darstellt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn bereits eine ausreichende Absicherung für das Alter besteht und es darum geht, Steuern einzusparen. Denn eine Steuerersparnis ist regelmäßig nicht ohne Verlustrisiko zu erreichen, so der Bundesgerichtshof. Zu berücksichtigen ist dabei, dass bei einem geschlossenen Immobilienfonds es sich um eine Unternehmensbeteiligung handelt, bei welcher das Risiko eines hohen oder vollständigen Kapitalverlustes gering ist. Denn selbst bei unzureichenden Mieteinnahmen bleibt regelmäßig der Sachwert des Immobilienvermögens erhalten. Auch die Fremdfinanzierung des Teils des Fondskapitals macht die Anlage für eine ergänzende Altersvorsorge nicht von vornherein untauglich.

Da nach dem bisherigen Prozessstoff nicht feststand, ob der klagende Anleger eine sichere Anlage zur Schließung einer Versorgungslücke im Alter haben wollte oder es ihm lediglich um eine Anlage gegangen ist, die neben Steuervorteilen auch der ergänzenden Altersvorsorge dienen sollte, musste das Urteil aufgehoben und zur weiteren Feststellungen an das Oberlandesgericht verwiesen werden.

Unabhängig hiervon verneint der Bundesgerichtshof eine falsche Beratung bezüglich der Aufklärung über eine eingeschränkte Fungibilität der Beteiligung. Zwar ist ein Anlageberater grundsätzlich gehalten, den Anlageinteressenten darauf hinzuweisen, dass die Veräußerung eines Anteils mangels eines entsprechenden Marktes nur eingeschränkt möglich ist. Eine solche persönliche Aufklärungspflicht entfällt jedoch, wenn eine Belehrung in einem Prospekt enthalten ist und der Berater davon ausgehen darf, dass der Kunde dieses gelesen und verstanden hat sowie gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt. Der Bundesgerichtshof sieht den Prospekt als vollständig und richtig an. So genügt es, wenn darauf hingewiesen wird, dass die Veräußerung der Beteiligung mangels eines institutionalisierten Zweitmarktes praktischen Schwierigkeiten begegnen kann und die Beteiligungen langfristig ausgerichtet sein sollten. Diese Einschränkungen der Veräußerungsmöglichkeiten gingen aus dem Prospekt hervor.

Der Bundesgerichtshof verneint einen Beratungsfehler auch im Hinblick auf das Haftungsrisiko des Anlegers als GbR-Gesellschafter, der mit seinem gesamten privaten Vermögen für die Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft haftet. Der Bundesgerichtshof bestätigt, dass der Anleger über dieses persönliche Haftungsrisiko aufgeklärt werden muss. Der Prospekt wird diesen Anforderungen aber ebenfalls gerecht. Im Prospekt gibt es Hinweise zur Haftung des Anlegers, die richtig über die Haftung aufklären.