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BGH, Urteil vom 21.03.2025 – V ZR 1/24 – „Wer stört in der Shisha-Bar?“
Der BGH hat entscheiden, wer als Störer in Anspruch genommen werden kann, wenn ein Wohn- oder Teileigentum vermietet bzw. verpachtet ist.
Der Pächter einer Teileigentumseinheit hat bauliche Veränderungen vorgenommen, die von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht gestattet wurden. Die Beklagte als Eigentümerin der Teileinheit hat diese zur Nutzung als Shisha-Bar verpachtet. Ohne vorherige statische Berechnung haben die Pächter im Oktober 2020 eine tragende Wand abgerissen, was zu Haar- und Setzrissen in einer darüber liegenden Wohnung und im Treppenhaus führte. Die Pächter ließen zudem ab Juli 2021 für eine Lüftungsanlage Kabel- und Abwasserleitungen verlegen, wofür sie eine Deckenplatte und die Fassade durchbohrten. Im April 2022 wurde die Shisha-Bar eröffnet. Vorherige Aufforderungen der Verwalterin der Klägerin an die Beklagte, Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum zu unterlassen, blieben ohne Erfolg, weshalb die Wohnungseigentümer im Oktober 2021 beschlossen haben, die Beklagte auf Rückbau in Anspruch zu nehmen. Die Klage hatte vor dem Amts- und Landgericht Erfolg. Der BGH hebt das Berufungsurteil die baulichen Veränderungen vom Oktober 2020 betreffend auf, verweist die Sache zurück und bestätigt im Übrigen die Verurteilung der Beklagten.
Der BGH entscheidet zunächst, dass einen vermietenden Wohnungseigentümer eine Haftung als mittelbarer Handlungsstörer trifft, wenn der Mieter ohne erforderlichen Gestattungsbeschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft bauliche Veränderungen des gemeinschaftlichen Wohnungseigentums vornimmt, falls der Wohnungseigentümer die baulichen Veränderungen erlaubt hat oder wenn er mit baulichen Änderungen rechnen muss und den Mieter auf den fehlenden Gestattungsbeschluss nicht hinweist oder wenn er es unterlässt, gegen den Mieter einzuschreiten, nachdem er Kenntnis von der Vornahme der baulichen Veränderungen erlangt hat. Das wurde vorliegend für die baulichen Veränderungen ab Juli 2021 bejaht, da die Beklagte über die Maßnahmen informiert war und nicht einschritt. Die Verurteilung zum Rückbau für die ab Juli 2021 erfolgten baulichen Veränderungen erfolgte daher zu Recht.
Der BGH meint jedoch, dass ohne weitere Sachaufklärung ein Anspruch auf Wiederherstellung der im Oktober 2020 bereits entfernten Wand nicht bejaht werden kann. Dies wurde damit begründet, dass zu diesem Zeitpunkt noch das alte Wohnungseigentumsrecht galt, das erst ab dem 01.12.2020 geändert wurde. Im alten Recht konnte man einem Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB nach Treu und Glauben einen Anspruch auf Gestattung der baulichen Veränderungen entgegenhalten. Ob ein solcher Gestattungsanspruch bestanden hat, wurde allerdings vom Berufungsgericht nicht geklärt, weshalb eine Zurückweisung an dieses erfolgte. Auch war nicht geklärt, ob die Beklagte (mittelbare) Störerin war, da sie geltend machte, erst nach der Entfernung der Wand davon erfahren und keinen Anlass gehabt zu haben, mit einer solchen zu rechnen. Wenn das der Fall wäre, wäre nur der Pächter – unmittelbarer – Störer und nicht die Beklagte.
BGH entscheidet zugleich für das neue Recht, dass bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum mangels Gestattungsbeschlusses eine rechtswidrige Eigentumsbeeinträchtigung gemäß § 1004 Abs. 1 BGB darstellen. Die Beklagte kann im Gegensatz zum alten Recht ihren Anspruch auf Gestattung der baulichen Veränderung nicht entgegenhalten. Denn nur auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Wohnungseigentümer über alle baulichen Veränderungen informiert werden. Zudem hat der bauwillige Wohnungseigentümer Rechtssicherheit, wenn er über einen legitimierenden Gestattungsbeschluss verfügt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass inzwischen die Beklagte eine Beschlussersetzungsklage erhoben hat, um diesen Gestattungsbeschluss zu erzwingen. Zu berücksichtigen wäre allenfalls eine im Rahmen der Rückbauklage erhobene Widerklage, die Gestattung zu erhalten. Denn allein durch die Widerklage hätte in einem Verfahren geklärt werden können, ob tatsächlich der Beklagten ein Gestattungsanspruch zusteht und den Rückbauanspruch ausschließt. Eine solche Widerklage wurde aber nicht erhoben.
Für den bauwilligen Eigentümer ist die Vorgehensweise jetzt klar vorgegeben. Er muss zuerst einen Gestattungsbeschluss herbeiführen, bevor er baut. Wenn er seine Einheit vermietet/verpachtet, muss er vertraglich sicherstellen, dass der Mieter/Pächter keine baulichen Veränderungen vornehmen darf, die die WEG nicht gestattet hat.