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BGH, Urteil vom 11.12.2015 – V ZR 80/15 – “Wer haftet für Hausgelder und Sonderumlagen?”
Der Beklagte war Eigentümer eines mit einem Altbau bebauten Grundstückes, welches dieser in fünf Wohneinheiten aufteilte und an Erwerber verkaufte. Zu Gunsten der Erwerber wurden Auflassungsvormerkungen in das Grundbuch eingetragen. Eine Umschreibung des Eigentums ist aber bislang nicht erfolgt. Die Wohnungen Nr. 2, 3 und 5 wurden übergeben, die Wohnungen Nr. 1 und 4 wurden in der vereinbarten Frist nicht fertiggestellt. Vielmehr haben die Erwerber der Wohnungen Nr. 1 und 4 Alleinbesitz an den erworbenen Einheiten begründet, indem sie jeweils einzelne Gegenstände in den erworbenen Wohnungen untergebracht haben und dem beklagten Bauträger durch die Auswechslung der Haustür den Zutritt zu dem Haus verwehrten. In einer Eigentümerversammlung wurden unter anderem eine Sonderumlage von EUR 700,00/Wohneinheit sowie ab April 2013 Wohngeldzahlungen von EUR 2,50/m² beschlossen. Mit der Klage verlangt die Wohnungseigentümergemeinschaft von dem Beklagten für die Wohnungen Nr. 1 und 4 Zahlung von Sonderumlagen und Hausgeldern ab April 2013 nebst Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben, die Revision des Beklagten blieb ohne Erfolg. Obwohl eine Eintragung der Käufer als Eigentümer noch nicht im Grundbuch erfolgt war, sieht der Bundesgerichtshof die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft als parteifähig an. Denn nach der Rechtsprechung des für das Wohnungseigentumsrecht zuständigen V. Zivilsenats ist im Innenverhältnis zwischen dem teilenden Eigentümer und den Ersterwerbern eine vorverlagerte Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes geboten, sobald die Käufer eine rechtlich verfestigte Erwerbsposition besitzen und infolge des vertraglich vereinbarten Übergangs der Lasten und Nutzungen der Wohnung ein berechtigtes Interesse daran haben, die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Mitwirkungsrechte an der Verwaltung der Wohnungseigentumsanlage vorzeitig auszuüben. Dies ist dann der Fall, wenn ein wirksamer Erwerbsvertrag vorliegt, der Übereignungsanspruch durch eine Auflassungsvormerkung gesichert ist und der Besitz an der Wohnung auf den Erwerber übergegangen ist. In diesem Fall kann ein sogenannter werdender Wohnungseigentümer die Mitwirkungsrechte ausüben und ist auch gemäß § 16 Abs. 2 WEG verpflichtet, die Kosten und Lasten zu tragen. Demnach ist die Klägerin als werdende Wohnungseigentümergemeinschaft entstanden, da die Wohnungen Nr. 2, 3 und 5 übergeben worden sind und auch die sonstigen Voraussetzungen (Erwerbsvertrag und Auflassungsvormerkung) ebenfalls erfüllt waren.
Der teilende Eigentümer ist jedoch Schuldner der Lasten im Sinne von § 16 Abs. 2 WEG für die Wohnungen Nr. 1 und 4 geblieben. Diese mitgliedschaftliche Stellung ist im Jahr 2013 nicht auf die Erwerberinnen übergegangen. Zwar bestanden wirksame, durch Vormerkung gesicherte Übereignungsansprüche, es fehlt jedoch an einem Besitzerwerb durch Übergabe der Wohnung. Denn der Bauträger kann seine mitgliedschaftliche Stellung nicht ohne oder gegen seinen Willen verlieren. Der Besitzerwerb durch die so genannte verbotene Eigenmacht (d.h. ohne den Willen des Bauträgers) reicht demzufolge nicht aus.