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KG Berlin, Beschluss vom 13.04.2015 – 8 U 212/14 – “Wann ist die Pflicht zur Rückgabe der Mietsache erfüllt?


Der Vermieter erklärt wirksam die fristlose Kündigung eines Mietvertrages über Gewerberäume, weil der Beklagte mit Zahlungen im Rückstand ist. Der Vermieter erhebt eine am 28.03.2014 beim Landgericht Berlin eingegangene Räumungs- und Herausgabeklage. Die Klage wird am 15.05.2014 zugestellt. Eine Woche zuvor, nämlich am 08.05.2014, findet eine Übergabe der Räume an den Vermieter statt. Die Kellerräume sind vollständig mit Sperrmüll gefüllt. Der Vermieter hält die Räumungsklage aufrecht und argumentiert, das Belassen von Sperrmüll im Keller führe dazu, dass der Mieter seine Räumungspflicht gemäß § 546 Abs. 1 BGB nicht erfüllt habe, es sei nur von einer Teilräumung auszugehen. Das Landgericht Berlin gibt dem Vermieter recht und verurteilt den Mieter zur Räumung. Der Mieter legt Berufung zum Kammergericht Berlin ein. Nach einem entsprechenden Hinweis durch das Kammergericht nimmt der Vermieter die Räumungsklage zurück. Das Kammergericht Berlin musste eine Kostenentscheidung treffen und kam zum Ergebnis, dass der Vermieter die durch die verzögerte Klagrücknahme zusätzlich verursachten Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen habe, da die Räumungs- und Herausgabeklage wegen Erfüllung bereits vor dem Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Berlin unbegründet geworden ist. Der Vermieter hätte die Räumungsklage also vor dem Verhandlungstermin erster Instanz zurücknehmen müssen.

Zu entscheiden war die Frage, ob der Mieter die Rückgabepflicht erfüllte, obgleich die Kellerräume vollständig mit Sperrmüll gefüllt waren. Das Kammergericht Berlin meint, das Zurücklassen von Sperrmüll in Kellerräumen stehe der Erfüllung der Rückgabepflicht nicht entgegen. Da die Rückgabe vor Rechtshängigkeit, also vor Zustellung der Klage, vorgenommen wurde, liegt kein Fall der Erledigung des Rechtsstreits vor. Vielmehr hätte der Kläger die Klage zurücknehmen und nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO beantragen müssen, dem Mieter die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Das Kammergericht führt aus, dass die Rückgabepflicht des Mieters neben der Besitzverschaffung an den Räumen zu Gunsten des Vermieters (auch durch Rückgabe sämtlicher Schlüssel) auch die Räumung der Mietsache von den eingebrachten Sachen umfasst (BGH NZM 2002, 913). Der Zustand der Mietsache spielt jedoch keine Rolle. Eine teilweise Räumung liegt nur dann vor, wenn sich in den Räumlichkeiten noch Gegenstände befinden, an denen der Mieter den Besitz offenkundig nicht aufgegeben hat. Eine Abgrenzung kann auch danach erfolgen, ob aufgrund des Zustands der Räumlichkeiten dem Vermieter die Inbesitznahme möglich ist oder nicht. Lässt der Mieter eine erhebliche Menge ihm gehörender Gegenstände zurück, solle dies eine unzulässige Teilräumung darstellen (LG Köln NJW-RR 1996, 1480). Das Zurücklassen von wenigem Gerümpel steht der Annahme der Rückgabe nicht entgegen (BGHZ 104, 285).

Der Vermieter hat anlässlich des Rückgabetermins auch die Schlüssel übergeben und die Mietsache im wesentlichen geräumt. Dem Vermieter wurde der Besitz an den Mieträumen verschafft. Das Belassen von Sperrmüll im Keller führt nicht dazu, dass der Mieter seine Räumungspflicht gemäß § 546 Abs. 1 BGB nicht erfüllt hätte, also nur von einer Teilräumung auszugehen wäre. Vielmehr liegt hier nur eine Schlechterfüllung der Räumungsverpflichtung vor, die Schadensersatzansprüche auslösen kann (§ 280 BGB). Das Zurücklassen von wertlosen Gegenständen, an denen der Mieter offenbar selbst kein Interesse mehr hatte, in Kellerräumen, welchen nach dem Inhalt des Mietvertrags nur untergeordnete Bedeutung zukommt, steht nach Auffassung des Kammergerichts der Erfüllung der Rückgabepflicht nicht entgegen.