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BGH, Urteil vom 05.11.2015 – VII ZR 144/14 – “Verweigerung der Zahlung trotz Verjährung der Mängelansprüche?“


Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 05.11.2015 einen zwar sicher seltenen aber doch immer wieder vorkommenden Fall zu entscheiden gehabt:

Der Unternehmer erbrachte Rohbauarbeiten für den Auftraggeber, die Abnahme wurde im Oktober 2008 unter Vorbehalt zahlreicher Mängel erklärt. Der Unternehmer verklagt den Bauherrn auf EUR 187.000,00 und der Rechtsstreit geht in die Instanzen. Im Berufungsverfahren machte der Auftraggeber im November 2013, also nach Ablauf der Gewährleistungsfrist neue Mängel wegen der Wölbung des Pflasterbelages geltend, das Berufungsgericht prüfte diesen Einwand nicht weiter, da sich der Unternehmer insoweit auf die Verjährung berufen hat und das Berufungsgericht angenommen hat, wegen der eingetretenen Verjährung bestehe auch kein Leistungsverweigerungsrecht des Bauherrn mehr.

Dieses Urteil hebt der Bundesgerichtshof auf. Er entscheidet, dass der Bauherr wegen eines Baumangels auch dann die Zahlung des Werklohns verweigern kann, wenn dieser Mangel vor Ablauf der Verjährungsfrist in Erscheinung getreten ist, ein darauf gestütztes Leistungsverweigerungsrecht also in nicht verjährter Zeit geltend gemacht werden konnte, die Geltendmachung aber noch nicht erfolgt ist.

Er begründet dies mit der Regelung des § 215 BGB, der bestimmt, dass die Verjährung die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht ausschließt, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem er erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte. Es kommt also nicht auf die Geltendmachung des Mangels, sondern nur auf dessen Vorliegen in unverjährter Zeit an.

Nicht zu vergessen ist in diesem Zusammenhang, dass grundsätzlich die bloße Geltendmachung von Rechten nicht geeignet ist, die Verjährung zu hemmen, sondern zumindest Verhandlungen über den geltend gemachten Anspruch geführt werden müssen oder aber gerichtliche Maßnahmen zur Hemmung der Verjährung ergriffen werden müssen. Die noch weitverbreitete Meinung, dass die Mahnung einer Rechnung/die Anmahnung einer Leistung die Verjährung hemmt, ist unzutreffend. Die große Ausnahme ist der nun vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall, dass ein Leistungsverweigerungsrecht/eine Aufrechnungssituation besteht.