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OLG München, Urteil vom 10.11.2015 – 9 U 4218/14 (nicht rechtskräftig) – “Konkludente Abnahme trotz ausdrücklich erfolgter Abnahme?”
Das Oberlandesgericht München hat einen bemerkenswerten Fall entschieden. Es ging um folgenden Sachverhalt:
Der Auftragnehmer hat für eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) im Rahmen einer Sanierung Fenster ausgetauscht. Im Dezember 2006 beendet er seine Arbeiten und übersandte die Fertigstellungsmitteilung und Schlussrechnung. Der Architekt der WEG prüft die Rechnung und die WEG teilt dem Auftragnehmer sodann das Prüfergebnis mit, mit dem der Auftragnehmer nicht einverstanden ist. Der Architekt überprüft daraufhin die Einwendungen und die WEG zahlt entsprechende dem Prüfergebnis des Architekten den Schlussrechnungsbetrag abzüglich Skonto aus. Den Skontoabzug moniert der Auftragnehmer im März 2007 und am 13.04.2007 zahlt die WEG auch den Skontobetrag aus. Im Juli 2007 findet ein gemeinsamer Ortstermin statt, bei dem ein als Abnahmeniederschrift bezeichnetes Dokument erstellt wird. Im Juni 2012 leitet die WEG wegen Mängeln an den Fenstern ein selbstständiges Beweisverfahren ein, in dem die Mangelhaftigkeit der Fenster bestätigt wird. Nach Abschluss des Beweisverfahrens beruft sich der Auftragnehmer auf die eingetretene Verjährung, woraufhin er auf Zahlung verklagt wird. Die Klage bleibt in der Berufungsinstanz ohne Erfolg.
Das Oberlandesgericht begründete dies damit, dass die Auftraggeberin die Leistungen stillschweigend abgenommen habe, sie habe unter Mitwirkung ihres Architekten in einer mehraktigen Prüfung die Schlussrechnung geprüft und den fälligen Teil vollständig ausbezahlt. Die Auszahlung sei am 13.04.2007 erfolgt, spätestens eine Woche später habe der Auftragnehmer hiervon Kenntnis erlangt. Zu diesem Zeitpunkt seien mehr als 3 Monate seit der Fertigstellungsmitteilung und Schlussrechnung vergangen, so dass der Auftragnehmer davon habe ausgehen können, dass der vertragsgerechte Einbau der Fenster überprüft worden ist. Unter diesen Umständen konnte die Zahlung der WEG als stillschweigende Billigung des Werkes verstanden werden.
Dass nachträglich im Juli 2007 ein Ortstermin, bei dem die „Abnahmeniederschrift“ erstellt wurde, durchgeführt wurde, ändert daran nichts, da die bereits erklärte „stillschweigende Abnahme“ nicht mehr nachträglich durch den Ortstermin infrage gestellt wird. Der Bundesgerichtshof wird die Gelegenheit bekommen, seine Meinung zu dieser Frage in diesem Fall ebenfalls mitzuteilen.