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LAG Köln, Urteil vom 28.08.2014 – 6 Sa 401 20/14; BAG, Urteil vom 22.02.2012 – 5 AZR 249/11 – “Verbindlichkeit einer Versetzungsanordnung/beharrliche Arbeitsverweigerung/Kündigung?


Das Landesarbeitsgericht Köln hat im August 2014 eine Entscheidung auch in Abgrenzung zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Beachtlichkeit einer unwirksamen Versetzung im Rahmen des Annahmeverzugs (BAG vom 22.02.2012 5 AZR 249/11) getroffen. Insbesondere die Abgrenzung zur angeführten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist von hoher Bedeutung.

  1. Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht hat im Jahr 2012 in einem Fall, in dem es um den Annahmeverzugslohn des Arbeitnehmers ging entschieden, dass der Arbeitnehmer, der den Annahmeverzugslohn geltend macht, diesen nicht bekommt, wenn er eine Direktionsrechtsausübung des Arbeitgebers nicht beachtet. In dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht ausgesprochen, dass auch eine unbillige Direktionsrechtsausübung zunächst beachtet und gegebenenfalls gerichtlich angegriffen werden muss. In der Entscheidung betont das Bundesarbeitsgericht, dass dies jedenfalls für die Frage des Annahmeverzuges gilt:

„Die unbillige Leistungsbestimmung ist nicht nichtig, sondern nur unverbindlich, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Entsteht Streit über die Verbindlichkeit, entscheidet nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB das Gericht. Deshalb darf sich der Arbeitnehmer über eine unbillige Ausübung des Direktionsrechts – sofern sie nicht aus anderen Gründen unwirksam ist – nicht hinwegsetzen, sondern muss entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Gerichte für Arbeitssachen anrufen. Wegen der das Arbeitsverhältnis prägenden Weisungsgebundenheit  ist der Arbeitnehmer an die durch die Ausübung des Direktionsrechts erfolgte Konkretisierung u.a. des Inhalts der Arbeitsleistung vorläufig gebunden, bis durch ein rechtskräftiges Urteil (etwa aufgrund einer Klage auf Beschäftigung mit der früheren Tätigkeit) die Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung feststeht.“

Im Rahmen dieser Entscheidung ging es um die Frage des Leistungswillens des Arbeitnehmers. Ob diese Entscheidung im Übrigen aufrechterhalten bleibt oder einen „Ausreißer“ darstellt, steht ebenfalls nicht fest. In jedem Fall ist die Entscheidung nicht ohne weiteres auf die Frage zu übertragen, ob eine Weisung/Versetzung des Arbeitgebers vom Arbeitnehmer auch in jedem Fall zu befolgen (und zunächst gerichtlich anzugreifen) ist, will er nicht eine fristlose Kündigung riskieren, wenn er die Weisung nicht befolgt. Mit dieser Fragestellung hat sich das Landesarbeitsgericht Köln auseinandergesetzt.

  1. Landesarbeitsgericht Köln

Das Landesarbeitsgericht Köln hat hierzu folgenden Leitsatz formuliert:

„Wenn eine Versetzung objektiv rechtswidrig ist, liegt in der Nichtaufnahme der Arbeit am neuen Arbeitsort keine beharrliche Arbeitsverweigerung. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur vorläufigen Verbindlichkeit unbilliger Direktionsrechtsausübung lässt sich auf das Kündigungsrecht nicht übertragen.“

Mit dieser Begründung hat das Landesarbeitsgericht einer Klage eines Arbeitnehmers, der im Zuge einer bereits ausgesprochenen Kündigung vom Arbeitgeber die Weisung erhielt, in ein 70 km entferntes, im Ausland gelegenes Werk zu wechseln, stattgegeben. Der Arbeitnehmer ist an einem Tag dort erschienen, hat vergeblich Fahrtkostenzuschuss für die weitere Anfahrt (einfache Fahrtstrecke 55 km länger) verlangt und hatte dann die Befolgung der Versetzung verweigert. Der Arbeitgeber kündigte fristlos wegen Arbeitsverweigerung. Die Kündigung wurde als unwirksam betrachtet, da das Landesarbeitsgericht die Versetzung als unbillig und damit als nicht zu befolgen einstufte, und deswegen die Arbeitsverweigerung nicht als Pflichtverletzung sondern als gerechtfertigte Maßnahme gegen die unbillige Versetzung ansah.

  1. Konsequenzen

Für Arbeitnehmer bedeutet diese Entscheidung keinen Freibrief im Zusammenhang mit unangenehmen Versetzungsanordnungen. Der Arbeitnehmer im vom Landesarbeitsgericht entschiedenen Fall hatte das Glück, dass das Landesarbeitsgericht die Versetzungsanordnung für grob unbillig betrachtete. Hätte das Landesarbeitsgericht sie für wirksam erachtet, wäre auch die Kündigung wirksam gewesen.

Arbeitgeber müssen sich hüten, unbillige Versetzungsanordnungen auszusprechen, zumindest müssen sie bei einer auch räumlich relevanten Versetzung die Mehrkosten für die Anfahrten/Übernachtungen zumindest für einen Übergangszeitraum übernehmen, zumindest dann wenn für sie ohne weiteres erkennbar ist, dass das bezahlte Arbeitsentgelt nicht dazu ausreichen kann, die entstehenden Mehrkosten zu schultern.