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OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.06.2025, I-10 U 146/24 – „Unwirksamkeit einer Wertsicherungsklausel von Anfang an“


Verstößt eine Wertsicherungsklausel in einem gewerblichen Mietvertrag gegen Vorschriften des Preisklauselgesetzes, dann führt dies gemäß § 8 Preisklauselgesetz dazu, dass die gesetzeswidrige Klausel zunächst schwebend wirksam ist. Die Unwirksamkeit tritt erst zum Zeitpunkt des rechtskräftig festgestellten Verstoßes gegen das Preisklauselgesetz ein. Die Rechtswirkungen der Preisklausel bleiben bis zur Unwirksamkeit unberührt. Dies bedeutet, dass eine Wertsicherungsklausel weiterhin wirksam bleibt, bis ein Verstoß rechtskräftig festgestellt ist. Handelt es sich bei der Wertsicherungsregelung wie fast immer um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, ist umstritten, ob die Wertsicherungsklausel auch daraufhin zu überprüfen ist, ob sie wegen eines Verstoßes gegen § 307 BGB von Anfang an unwirksam ist. Das Oberlandesgericht Schleswig hat in einer aktuellen Entscheidung (Hinweisbeschluss vom 05.02.2024, 12 U 69/23) den Standpunkt eingenommen, der Prüfungsmaßstab von § 2 Abs. 1 Ziff. 2 Preisklauselgesetz und § 307 Abs. 1 S. 2 BGB sei für beide Vorschriften identisch, ein Verstoß gegen § 307 BGB sei nicht anzunehmen, wenn schon ein Verstoß gegen das Preisklauselgesetz gegeben sei und die Unwirksamkeit der Klausel richte sich nach § 8 Preisklauselgesetz mit der Folge, dass die Unwirksamkeit erst zum Zeitpunkt des rechtskräftig festgestellten Verstoßes gegen das Preisklauselgesetz eintritt und dass die Wertsicherungsklausel bis dahin wirksam bleibt (sogenannte schwebende Wirksamkeit). Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 05.06.2025, I-10 U 146/24 hingegen entschieden, dass eine Preisanpassungsklausel in einem Gewerberaummietvertrag auch einer AGB-Kontrolle nach §§ 307 ff. BGB unterworfen und im Falle eines Verstoßes von Anfang an unwirksam ist. Nur Verstöße gegen die Vorschriften des Preisklauselgesetzes würden zu der in § 8 Preisklauselgesetz angeordneten Rechtsfolge führen.

Gegenstand des Rechtsstreits war folgende mietvertragliche Regelung:

„1.        Die Miete bleibt für 24 Monate, d.h. bis zum Ablauf des 31.08.2021 fest. Danach erfolgen Mieterhöhungen aufgrund nachstehender Regelungen.

  1. Ändert sich der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Verbraucherpreisindex für Deutschland – VPI gegenüber dem für Mai 2017 veröffentlichten Index, so ändert sich automatisch die Miete im gleichen Verhältnis. Die Änderung der Miete wird ab dem auf die Änderung folgenden Monat nach schriftlicher Aufforderung durch den Vermieter wirksam. Bei jeder weiteren Indexänderung gegenüber der jeweils letzten Änderung der Miete ist diese Regelung entsprechend anwendbar.“

Das Oberlandesgericht Düsseldorf ist der Auffassung, dass die Klausel aus mehreren Gründen gegen § 307 Abs. 1 BGB verstößt. Es liegt eine unangemessene Benachteiligung der Mieterin darin, dass in der streitgegenständlichen Klausel der Monat Mai 2017 als Ausgangsstand für die relevante Indexentwicklung vereinbart wurde. Dieser Zeitpunkt liegt deutlich vor dem Mietbeginn am 01.09.2019 und dies führt dazu, dass eine etwa in der Zeit seit Mai 2017 eingetretene Inflation zulasten der Mieterin geht, obwohl sie in dieser Zeit keine Gegenleistung der Vermieterin erhalten hat (ebenso beispielsweise Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 3. Aufl., § 2 Preisklauselgesetz Rn. 10 mwN). Darüber hinaus ist das Oberlandesgericht Düsseldorf der Auffassung, dass die Klausel auch wegen Intransparenz gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unangemessen benachteiligend und deshalb unwirksam ist, weil gemäß dem ersten Satz von Absatz 2 der Wertsicherungsklausel eine automatische Änderung der Miete eintreten soll, wenn sich der Verbraucherpreisindex ändert, während nach dem zweiten Satz von Absatz 2 die Änderung der Miete ab dem auf die Änderung folgenden Monat und nach schriftlicher Aufforderung durch den Vermieter wirksam wird. Das sei keine Klarstellung der Mietzinserhöhung.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf meint, aus den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 24.03.2010, VIII ZR 304/08 und vom 14.05.2014, VIII ZR 114/13 könne hergeleitet werden, dass formularmäßig vereinbarte Preisanpassungsklauseln sowohl einer Kontrolle nach den Bestimmungen des Preisklauselgesetzes als auch der Vorschrift des § 307 BGB unterliegen. § 8 Preisklauselgesetz habe nicht die Funktion, eine nach § 307 BGB als unwirksam zu behandelnde Klausel schwebend wirksam zu lassen. Verstößt eine Klausel also gegen § 307 Abs. 1 BGB, ist sie von Anfang an unwirksam. Der Mieter ist berechtigt, Erhöhungsbeträge zurückzuverlangen, weil hierfür der Rechtsgrund fehlt. Die Grenze ist nur die dreijährige Regelverjährungsfrist.

Es gibt somit zwei sich widersprechende Entscheidungen von Oberlandesgerichten. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat deshalb die Revision zugelassen. Wir müssen uns überraschen lassen, wie der Bundesgerichtshof entscheiden wird.