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Landgericht Köln, Urteil vom 16.04.2024 – 14 O 89/23 – „Ukraine-Krieg rechtfertigt keine Reduzierung der Miete“
Das Landgericht Köln befasste sich mit Urteil vom 16.04.2024 – 14 O 89/23 – mit der Frage, ob die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges eine Reduzierung der Miete unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Wegfalls oder der Störung der Geschäftsgrundlage rechtfertigen.
Gegenstand des gewerblichen Mietvertrages, der für die Dauer von 132 Monaten abgeschlossen war, sind Räume, die zu Produktions-, Lager- und Verwaltungszwecken genutzt wurden. Die monatliche Miete betrug Euro 60.833,30 netto. Ab Dezember 2022 zahlte die Mieterin nur die Hälfte der vertraglich vereinbarten Miete und begründete dies mit den außergewöhnlichen Umständen durch den Ukraine-Krieg, insbesondere dem Anstieg der Rohstoffpreise und Energiekosten und der damit verbundenen drastischen Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Bäckereibranche.
Das Landgericht Köln entscheidet, dass die Mieterin zur Zahlung der Miete in der vollen, vertraglich vereinbarten Höhe verpflichtet ist. Eine Herabsetzung der Miete unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage komme nicht in Betracht. Hierbei könne offen bleiben, ob der Ukraine-Krieg und seine wirtschaftlichen Folgen für die Bundesrepublik Deutschland eine Störung des sogenannten großen Geschäftsgrundlage darstellt. Dies könne zwar denkbar sein, da die damit einhergehende Inflation und Preissteigerung vor allem für Rohstoffe und Energie in der jüngeren Geschichte beispielslos seien. Allerdings sei eine Vertragsanpassung wegen Störung der großen Geschäftsgrundlage nur dann möglich, wenn eine Erschütterung der sozialen Existenz vorliege, die aber dann nicht gegeben sei, wenn in einem anderen Land Krieg herrscht oder sich eine Katastrophe ereignet und es deshalb zu einer Leistungserschwerung oder Leistungsunmöglichkeit in Deutschland kommt. Wirtschaftliche Folgen von Kriegen, Krisen und Katastrophen, die das Vermögen einer Partei treffen, seien nicht im Rahmen der Störung der Geschäftsgrundlage zu berücksichtigen. Jedenfalls sei der Mieterin das Festhalten am unveränderten Vertrag zumutbar. Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB berechtigt noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Vielmehr sei erforderlich, dass ein Festhalten an dem Vertrag für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt. Deshalb kommt eine Vertragsanpassung zugunsten des Mieters jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn ihm ein unverändertes Festhalten an der vertraglich vereinbarten Miete nach einer umfassenden Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung zumutbar ist (BGH NZM 2020, 322, 324 f.). Zu berücksichtigen sei, dass der Mieter grundsätzlich das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt. Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem die Chance, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können (BGH NJW 2006, 899, 901). Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstandes nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Diese typische Risikoverteilung im Mietrecht gilt auch uneingeschränkt in der streitgegenständlichen Sache. Selbst wenn die enttäuschten Gewinnerwartungen der Mieterin und die negative Entwicklung der Umsatzzahlen der Mieterin tatsächlich auf den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs beruhten führt dies nicht zu einer Anpassung der Miete. Es werde nämlich lediglich die Chance der Mieterin beeinträchtigt, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Dieses Risiko ist der Mieterin aber zuzumuten. Ein Vermieter ist nicht am geschäftlichen Misserfolg der Mieter zu beteiligen.