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BAG, Urteil vom 19.02.2015 – 8 AZR 1007/13 – “Überwachung von arbeitsunfähigen Arbeitnehmern durch Detektive? Schmerzensgeldanspruch der Arbeitnehmer?


Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung vom 19.02.2015 wichtige Grundsätze für die Zulässigkeit von Observationen von Arbeitnehmern durch vom Arbeitgeber eingeschaltete Detektive im Falle der Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmer festgelegt und im entschiedenen Fall dem Arbeitnehmer zugleich wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Entschädigungsanspruch zugesprochen:

Der Arbeitnehmer war längere Zeit erkrankt und hat verschiedene Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen verschiedener Ärzte vorgelegt. Der Geschäftsführer des Arbeitgebers bezweifelte das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit und beauftragte eine Detektei mit der Observation des Arbeitnehmers. Die Observation dauerte 4 Tage, beobachtet wurden Wohnhaus sowie die Bewegungen des Arbeitnehmers in der Öffentlichkeit. Es wurden Videos und Bilder hergestellt und dem Arbeitgeber vorgelegt.

Dieser hat auf der Basis der Ermittlungsergebnisse eine (erfolglose) Kündigung ausgesprochen. Im dortigen Verfahren hat er den Ermittlungsbericht eingeführt und zugleich (ebenso erfolglos) die Detektivkosten erstattet verlangt.

Der Arbeitnehmer hat danach auf Entschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geklagt (seine Vorstellung waren 3 Bruttomonatsgehälter, EUR 10.500,00), bekommen hat er am Ende des Verfahrens EUR 1.000,00.

Das Bundesarbeitsgericht führte aus, dass ein berechtigtes Interesse zur Observation/Datenerhebung über den Detektiv nicht bestand, da der Arbeitgeber keine begründeten Zweifel an der Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen dargelegt hat. Zu beachten sei zunächst einmal der hohe Beweiswert einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, so dass der Arbeitgeber nachhaltige Sachverhalte vortragen muss, aus denen er Zweifel an der Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung herleitet (vom Bundesarbeitsgericht angeführt z.B. angekündigte Arbeitsunfähigkeit im Rahmen einer Auseinandersetzung am Arbeitsplatz).

Da es an solchen begründeten Zweifeln fehlte, fehlt es auch an einem rechtlich schützenswerten Interesse des Arbeitgebers zur Erhebung der personenbezogenen Daten und diese war damit rechtswidrig.

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat das Bundesarbeitsgericht allerdings das Landesarbeitsgericht in der Einschätzung, dass EUR 1.000,00 ausreichend sind, bestärkt, z.B. mit dem Argument, dass der Detektiv den Arbeitnehmer nicht nur beobachtete sondern auch Bildaufnahmen machte. Da diese sich allerdings ausschließlich im öffentlichen Bereich und nicht in der Intim- oder Privatsphäre abspielten, wurde die Verletzung als nicht so schwerwiegend angesehen und das Schmerzensgeld damit mit EUR 1.000,00 festgelegt.