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OLG Frankfurt, Urteil vom 27.02.2015 – 2 U 144/14 – (nicht rechtskräftig) – “Sind Schriftformheilungsklauseln nur dann nicht anwendbar, wenn ein Grundstückserwerber an der ordentlichen Kündigung gehindert wäre?


Mit Urteil vom 22.01.2014 – XII ZR 68/10 – NJW 2014, 187 hatte der Bundesgerichtshof folgende Klausel zu beurteilen:

„Alle Vereinbarungen, die zwischen den Parteien getroffen worden sind, sind in diesem Vertrag enthalten. Nachträgliche Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Den Mietvertragsparteien sind die besonderen gesetzlichen Schriftformerfordernisse der §§ 550, 126 BGB bekannt. Sie verpflichten sich hiermit gegenseitig, auf jederzeitiges Verlangen einer Partei alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem gesetzlichen Schriftformerfordernis Genüge zu tun, und den Mietvertrag nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform vorzeitig zu kündigen.“

Der Bundesgerichtshof entschied, dass eine derartige mietvertragliche Schriftformheilungsklausel den Grundstückserwerber für sich genommen nicht hindert, einen Mietvertrag, in den er nach § 566 Abs. 1 BGB durch Grundstückserwerb eingetreten ist, unter Berufung auf einen Schriftformmangel zu kündigen, ohne zuvor von dem Mieter eine Heilung des Mangels verlangt zu haben.

Mit weiterem Urteil vom 30.04.2014 – XII ZR 146/12 – NJW 2014, 2102 entschied der Bundesgerichtshof, dass ein Nießbrauchsberechtigter nicht treuwidrig handelt, wenn er trotz einer formularvertraglichen Schriftformheilungsklausel einen Mietvertrag, in den er gemäß §§ 566 Abs. 1, 567 S. 1 BGB eingetreten ist, unter Berufung auf einen Schriftformmangel kündigt.

In den beiden Urteilen vom  22.01.2014 und 30.04.2014 führt der Bundesgerichtshof aus, eine Schriftformheilungsklausel, die auch einen Erwerber binden soll, der kraft Gesetzes (z.B. durch Erwerb des Grundstückseigentums) in den Mietvertrag eintritt, verstoße gegen § 550 BGB („Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig.“). Diese Bestimmung, die nach § 578 Abs. 1 BGB auch für Geschäftsräume gilt, stelle zwingendes Recht dar. Mit Rücksicht darauf sei es ungeachtet der Frage, ob es sich bei dem Mietvertrag um eine Individualvereinbarung oder einen Formularvertrag handelt, mit § 550 BGB nicht vereinbar, den Erwerber aufgrund einer Heilungsklausel als verpflichtet anzusehen, von einer ordentlichen Kündigung Abstand zu nehmen.

Nicht ausdrücklich entschieden hat der Bundesgerichtshof aber die Frage, ob eine formularmäßige Heilungsklausel insgesamt unwirksam ist, wenn sie keine dahingehende Einschränkung enthält, dass sie nur im Verhältnis der ursprünglichen Vertragsparteien Geltung beanspruchen soll. Dafür spricht allerdings vieles, denn nach dem Grundsatz des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion dürfte sich eine derartige Klausel nicht mit einem rechtlich zulässigen Inhalt aufrechterhalten lassen. Nicht entschieden ist vom Bundesgerichtshof, ob eine auf die ursprünglichen Vertragsparteien bezogene Schriftformheilungsklausel wirksam ist. Der Bundesgerichtshof befasste sich bislang auch nicht mit der Frage, ob eine Heilungsklausel gegenüber Rechtsnachfolgern der ursprünglichen Mietvertragsparteien wirkt, die durch Rechtsgeschäft und nicht kraft Gesetzes in das Mietverhältnis eintraten.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit einem Urteil vom 27.02.2015 – 2 U 144/14 – nunmehr die Rechtsauffassung vertreten, dass Schriftformheilungsklauseln wie die vom Bundesgerichtshof beurteilten nicht insgesamt unwirksam seien, sondern lediglich dann nicht anwendbar sind, wenn sie einen Verstoß gegen die zwingende gesetzliche Regelung des § 550 BGB zur Folge hätten, also wenn ein Grundstückserwerber gerade entgegen § 550 BGB an einer ordentlichen Kündigung des Mietvertrages wegen eines durch den Voreigentümer verursachten Formverstoßes gehindert wäre. Gegenüber dem Mieter sei die Schriftformheilungsklausel indes wirksam und stelle keine unangemessene Benachteiligung dar, da sie grundsätzlich auch seinen Interessen dient. Der Mieter könne einen Mietvertrag deshalb nicht wegen eines Schriftformmangels ordentlich kündigen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Erstaunlicherweise hat das Oberlandesgericht Frankfurt eine grundsätzliche Bedeutung der Sache verneint und die Revision nicht zugelassen. Es wurde allerdings Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Aktenzeichen des Bundesgerichtshofs XII ZR 34/15). Lassen wir uns überraschen, wie der Bundesgerichtshof entscheidet.