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BGH, Urteil vom 15.12.2015 – VI ZR 6/15 und Urteil vom 26.01.2016 – VI ZR 179/15 – “Parkplatzunfall! Der BGH hat gesprochen


Es stellt eine häufige Situation bei Verkehrsunfällen dar, dass es während des Ausparkens auf Parkplätzen zur Kollision kommt. Insoweit wurde gerade in den letzten Jahren versucht, im Wesentlichen eine hälftige Haftungsverteilung zwischen den beteiligten Kraftfahrern einzuführen. Dabei wurde es insbesondere überwiegend als unerheblich angesehen, ob im Falle des beidseitigen rückwärtigen Ausparkens ein Autofahrer möglicherweise bereits stand, soweit dies nicht längere Zeit der Fall war oder gar noch ein Hupsignal gegeben wurde. Auch für den Fall, dass ein Stillstand eines der Unfallbeteiligten möglich war, wurde regelmäßig eine Haftungsquote von 50 % gebildet.

Durch den Bundesgerichtshof war nunmehr in zwei Entscheidungen zur Anwendung von Anscheinsgrundsätzen in Bezug auf die Rückwärtsfahrt bzw. mögliche Rückwärtsfahrt Stellung zu nehmen, Urteil vom 15.12.2015 – VI ZR 6/15 und Urteil vom 26.01.2016 – VI ZR 179/15. Nach den beiden Entscheidungen kann im Wesentlichen von folgender zukünftig notwendiger Überprüfung ausgegangen werden:

Der Nachweis eines unabwendbaren Ereignisses (auch einem Idealfahrer wäre der Unfall passiert, der insbesondere auch an Fahrfehler anderer Verkehrsteilnehmer denkt) wird regelmäßig nicht gelingen, so dass die Abwägung der Verursachungsbeiträge gemäß § 17 Abs. 2, Abs. 1 StVG vorzunehmen ist.

Aufgrund der Situation auf Parkplätzen kann der Beweis des ersten Anscheins für ein schuldhaftes Verhalten angewandt werden, soweit feststeht, dass ein Unfallbeteiligter bei der Kollision rückwärts gefahren ist. Kommt dagegen bei einem der Unfallbeteiligten in Betracht, dass dieser zum Kollisionszeitpunkt bereits stand, handelt es sich nicht um einen typischen Sachverhalt, bei welchem von einem Verschulden ausgegangen werden kann. Im Gegenteil verbleibt die Möglichkeit, dass der insoweit betroffene Unfallbeteiligte auf die Situation rechtzeitig reagiert und aufgrund notwendiger Bremsbereitschaft auch angehalten hat. Dann hat dieser jedoch seine Verpflichtungen erfüllt, gerade nicht schuldhaft gehandelt.

Je nach den weiteren Umständen kann es jedoch bei einer Mithaftung im Umfang der Betriebsgefahr zumindest verbleiben, es sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.

Es kann damit gerechnet werden, dass Versicherer ihre bisherige Praxis einer jedenfalls zunächst nur hälftigen Zahlung nicht kurzfristig ändern, so dass bei einer Regulierungsentscheidung im Falle eines Parkplatzunfalles mit möglicherweise guten Erfolgsaussichten eine Kürzung der Zahlung angegriffen werden kann. Es ist jedoch auch bereits in der ersten Darstellung zum Ablauf auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Rücksicht zu nehmen, weshalb sich die Übertragung der Regulierung auf einen Anwalt empfiehlt.