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OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.07.2015, 10 U 126/14 – “Kosten des Hauswarts und Anspruch auf Neuabrechnung


Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte mit Urteil vom 09.07.2015 – 10 U 126/14 – einen Fall zu entscheiden, in dem der Vermieter auf Zahlung eines Saldos aus einer Nebenkostenabrechnung klagte und der Mieter Widerklage auf Neuabrechnung erhob. Mietsache waren Räume zum Betrieb einer Arztpraxis in einem Gesundheitszentrum. Hinsichtlich der Klage des Vermieters waren insbesondere die Hauswartkosten strittig. Der Mieter meinte, die Nebenkostenabrechnung sei nicht in Ordnung und klagte deshalb auf eine erneute Abrechnung.

  1. Grundsätzlich kein Anspruch auf Neuabrechnung

Der Mieter beanstandete an der Nebenkostenabrechnung, dass diese Kostenpositionen enthalte, hinsichtlich derer eine wirksame mietvertragliche Umlagevereinbarung fehle. Auch sei die Umsatzsteuer teilweise unzulässig bzw. doppelt eingestellt worden. In der Abrechnung angesetzte Gesamtkosten seien ferner nicht durch Rechnungen belegt. Der verwendete Umlagemaßstab sei fehlerhaft. Auch seien die Hauswartkosten nicht um nicht umlagefähige und deshalb herauszurechnende Kostenanteile bereinigt worden. Deshalb meinte der Mieter, der Vermieter sei zu einer Neuabrechnung verpflichtet. Diese Auffassung teilt aber das Oberlandesgericht Düsseldorf nicht. Das Gericht führt aus, ein Anspruch auf erneute Abrechnung der Betriebskosten stehe dem Mieter nicht zu, weil der Vermieter seiner Abrechnungspflicht durch die Erteilung einer Abrechnung nachgekommen ist. Das Gericht weist den Mieter darauf hin, dass bei einer Klage auf Neuabrechnung nicht über die Richtigkeit der Nebenkostenabrechnung entschieden werden kann. Diese Prüfung sei vielmehr einer späteren Klage des Vermieters auf Zahlung des sich aus seiner Abrechnung ergebenden Saldos oder der des Mieters auf Teilerstattung der von ihm geleisteten Vorauszahlungen vorbehalten. Der Mieter kann sein Begehren auf Neuabrechnung daher nur daraus ableiten, dass er ohne die dem Vermieter abverlangte Neuabrechnung zur Ermittlung seiner Erstattungsforderung nicht in der Lage sei. Diese Voraussetzungen lagen im Rechtsstreit jedoch nicht vor. Nach § 259 Abs. 1 BGB hat der Vermieter dem Mieter die im Abrechnungszeitraum angefallenen Betriebskosten durch eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen. Hat er dem Mieter eine in diesem Sinne formell ordnungsgemäße Abrechnung übermittelt, ist dessen Abrechnungsanspruch erfüllt. Nur wenn und soweit die Abrechnung an formellen Mängeln leidet, kann der Mieter eine erneute Abrechnung verlangen (BGH, Urteil vom 05.12.2012, XII ZR 44/11, Rn. 30). In dieser Hinsicht sind an die Abrechnung jedoch keine allzu hohen Anforderungen zu stellen (BGH, Urteil vom 22.10.2014, VIII ZR 97/14, Rn. 13). Sie soll den Mieter lediglich in die Lage versetzen, den Anspruch des Vermieters gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen und zu erkennen, in welchen Rechenschritten die Umlage der Betriebskosten erfolgt ist. Ausreichend ist es daher, wenn der Mieter die zur Verteilung anstehenden Kostenpositionen erkennen und anhand des ihm mitgeteilten Verteilerschlüssels den auf ihn entfallenden Anteil an diesen Kosten rechnerisch nachprüfen kann. Ob die abgerechneten Positionen dem Ansatz und der Höhe nach zu Recht bestehen oder sonstige Mängel der Abrechnung vorliegen, betrifft nicht die formelle Ordnungsmäßigkeit, sondern allein die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung. Etwaige inhaltliche Fehler begründen daher keinen Anspruch auf Neuabrechnung. Auch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben lässt sich kein Anspruch des Mieters auf Abrechnungskorrektur herleiten, wenn und soweit er auf weitergehende Informationen des Vermieters nicht angewiesen ist. Er kann die erteilte Abrechnung vielmehr zur Ermittlung seiner Nachzahlungspflicht oder eines Erstattungsanspruchs in einer seinen Vorstellungen entsprechenden Weise anpassen. Ein trotz formell ordnungsgemäßer Abrechnung bestehender Anspruch auf erneute Abrechnung kommt daher nur ausnahmsweise und unter strengen Voraussetzungen in Betracht. Hierzu hat der Mieter für jede einzelne betroffene Abrechnungsposition nachvollziehbar darzulegen, dass die Erstabrechnung insoweit an einem schwerwiegenden Mangel leidet und er – der Mieter – sich die zur Behebung des Mangels erforderliche Kenntnis der maßgeblichen Daten nicht aus eigener Kraft zu verschaffen vermag (BGH, Urteil vom 20.10.2010, VIII ZR 73/10, Rn. 16 m. w. N.).

Keinen Anspruch auf Neuabrechnung konnte die Behauptung des Mieters rechtfertigen, die in Ansatz gebrachten Kostenarten entsprächen nicht den vertraglichen Vereinbarungen oder den gesetzlichen Vorgaben. Dies berührt nämlich allein die materielle Richtigkeit einer Abrechnung und nicht deren formelle Mindestanforderungen. Es handelt sich lediglich um inhaltliche Fehler der Abrechnung, wenn diese Ansätze für Betriebskosten enthält, an denen es an einer wirksamen Umlagevereinbarung fehlt. Dem Mieter steht es frei, die von ihm als nicht umlagefähig angesehenen Kosten aus der Abrechnung zu streichen. Dies gilt auch hinsichtlich des Arguments des Mieters, die Nebenkostenabrechnung enthalte unzulässig oder doppelt eingestellte Ansätze für Umsatzsteuer. Ohne rechtliche Relevanz war auch das weitere Argument des Mieters, die in der Abrechnung angesetzten Gesamtkosten seien nicht durch Rechnungen belegt worden. Die Beifügung von Belegen ist nämlich kein Erfordernis einer ordnungsgemäßen Nebenkostenabrechnung. Der Mieter muss vielmehr von seinem Belegeinsichtsrecht Gebrauch machen. Deshalb kam es auch nicht darauf an, ob die ausgewiesenen Verbrauchswerte hinreichend belegt oder aus anderen Gründen unrichtig sind, weil hierdurch die Nachvollziehbarkeit der Abrechnung nicht berührt wird und etwaige Fehler lediglich zu einer entsprechenden betragsmäßigen Korrektur des Abrechnungssaldos führen (BGH, Urteil vom 28.05.2008, VIII ZR 261/07, Rn. 13). Irrelevant waren demnach auch die Beanstandungen des Mieters gegen die Höhe einzelner Nebenkostenpositionen. Einen Anspruch auf Neuabrechnung konnte auch nicht der Vortrag des Mieters rechtfertigen, der Vermieter habe einen unzulässigen Umlegungsschlüssel verwendet. Selbst wenn der Mieter recht hätte, würde hierdurch die Verständlichkeit der Abrechnung nicht berührt. Es liegt lediglich ein inhaltlicher Fehler vor, der die formelle Ordnungsgemäßheit der Abrechnung nicht beeinträchtigt. Der Mieter kann auf der Grundlage des von ihm für richtig gehaltenen Verteilungsmaßstabs die von ihm für erforderlich gehaltene Korrektur der Abrechnung selbst vornehmen. Er ist nicht auf eine Neuabrechnung angewiesen. Dies gilt entsprechend für das weitere Argument des Mieters, die Kostenposition „Hauswartkosten“ enthalte nicht umlagefähige Kosten. Ein kraft Parteivereinbarung oder Gesetz gebotener Abzug nicht umlagefähiger Hauswartkosten stellt ausschließlich einen inhaltlichen Fehler dar, der im Leistungsprozess (d.h. bei einer Zahlungsklage des Vermieters) zu einer entsprechenden Abrechnungskorrektur führt. Will der Mieter geltend machen, er könne den von ihm für geboten erachteten Abzug aus eigenem Wissen nicht selbst vornehmen, hat er sich die dazu erforderlichen Kenntnisse durch Ausübung seines Belegeinsichtsrecht zu verschaffen, weil Gegenstand und Umfang der abgerechneten Leistungen in den ihm vorzulegenden Unterlagen ausgewiesen sind. Allein der Umstand, dass der Mieter die damit verbundenen Mühen nicht auf sich zu nehmen bereit ist, stellt auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben keine Rechtfertigung dafür dar, dem Vermieter eine erneute Befassung mit seiner formell ordnungsgemäß erteilten Abrechnung abzuverlangen. Dies gilt auch dann, wenn der Mieter trotz Belegeinsicht nicht herausfinden kann, wie hoch die nicht umlagefähigen Hauswartkosten (beispielsweise für vom Hauswart durchgeführte Reparaturen) sind und auch eine Schätzung mangels hinreichender Schätzungsgrundlagen nicht möglich ist. In diesen Fällen kann der Mieter seine Nachzahlungspflicht oder seinen Erstattungsanspruch unter Streichung der gesamten Hauswartskosten errechnen und sich im Prozess bei Nachweis der Schätzungsgrundlagen durch Teilanerkenntnis- bzw. Teilerledigungserklärung von der Kostenlast befreien.

  1. Hausmeisterkosten sind häufig angreifbar

Nicht nur der Mieter scheiterte mit seiner Widerklage, auch die Klage des Vermieters auf Zahlung eines Saldos aus der Nebenkostenabrechnung wurde abgewiesen. Strittig waren insoweit die Hauswartkosten. Der Vermieter hatte einen pauschalen Abzug für Kleinreparaturen vorgenommen. Er konnte aber nicht nachvollziehbar darlegen, wie er jenen Pauschalabzug schätzte. Dies führte dazu, dass die Kosten des Hausmeisters insgesamt nicht auf den Mieter umgelegt werden konnten. Vereinbart war die Umlage der Hauswartkosten im Sinne von § 2 Nr. 14 BetrKV. Nach dieser Vorschrift sind solche Kosten für Hauswartleistungen nicht umlagefähig, die die Instandhaltung, Instandsetzung, Erneuerung, Schönheitsreparaturen oder die Hausverwaltung betreffen. Im entschiedenen Fall oblag dem Hausmeister unter anderem die Überwachung von Handwerksarbeiten von Fachbetrieben sowie der Reparaturdienst von Kleinreparaturen. In beiden Fällen handelt es sich um Instandhaltung und Instandsetzung, die gemäß § 2 Nr. 14 BetrKV nicht in die Umlage der Hausmeisterkosten aufgenommen werden dürfen. In einem solchen Fall muss der Vermieter daher die Kosten der umlagefähigen Hauswartstätigkeit einerseits und die nicht umlagefähigen Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten andererseits nachvollziehbar aufschlüsseln, so dass Letztere herausgerechnet werden können (BGH, Urteil vom 20.02.2008, VIII ZR 27/07, Rn. 28 und vom 13.01.2010, VIII ZR 137/09, Rn. 26 sowie Palandt, BGB, § 556, Rn. 4). Dies kann zwar auch im Wege der Schätzung der Lohnanteile anhand des dem Hauswart zugewiesenen Aufgabenbereichs in Form eines Pauschalabzugs geschehen. Nimmt aber der Vermieter lediglich einen prozentualen Abzug vor, darf sich der Mieter mit einem schlichten Bestreiten begnügen. Der Mieter kann auch nicht darauf verwiesen werden, zunächst Einsicht in etwaige Abrechnungsbelege wie Arbeitszettel, Stundennachweise oder Ähnliches nehmen zu müssen (BGH, Urteil vom 20.02.2008, Rn. 29 f. und Milger (das ist die Vorsitzende des Wohnraummietsenats des BGH), NJW 2009, 625, 629). Diese Nachteile kann der Vermieter zwar dadurch vermeiden, dass er mit dem Hausmeister zwei selbstständige Verträge über seine umlagefähigen und nicht umlagefähigen Tätigkeitsbereiche schließt und den Mieter sodann zur Kontrolle der angesetzten Kosten auf sein Belegeinsichtsrecht verweist (BGH, Urteil vom 13.01.2010, Rn. 26 und Hinweisbeschluss vom 13.09.2011, VIII ZR 45/11, Rn. 6). Macht er jedoch hiervon keinen Gebrauch, hat er die Kosten nachvollziehbar so aufzuschlüsseln, dass die nicht umlagefähigen Kosten herausgerechnet werden können. Geschieht dies nicht, kann das Gericht den Vortrag des Vermieters nach § 138 Abs. 1 ZPO seiner Entscheidung nicht zugrunde legen (BGH, Urteil vom 20.02.2008, Rn. 29). Der Vermieter kann also keinerlei Hauswartskosten anteilig auf den Mieter umlegen. Die gesamte Kostenposition ist nicht schlüssig dargelegt.

  1. Fazit            

Die Entscheidung macht drei Dinge deutlich. Zunächst gibt es wohl kaum Fälle, in denen ein Mieter erfolgreich auf Neuabrechnung klagen kann. Ein derartiger Prozess ist ohnehin brotlose Kunst, denn im Rechtsstreit über die Neuabrechnung wird nicht über die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung entschieden. Die Prüfung dieser Rechtsfrage, also der inhaltlichen Richtigkeit, ist einem Folgeprozess vorbehalten. Darüber hinaus zeigt das Urteil erneut die Bedeutung des Belegeinsichtsrechts oder besser gesagt der Belegeinsichtspflicht des Mieters, dem eine Vielzahl von Einwendungen gegen die Nebenkostenabrechnung abgeschnitten sind, wenn er nicht in die der Abrechnung zu Grunde liegenden Belege Einsicht nimmt. Und last but not least macht auch die Entscheidung wiederum klar, wie angreifbar die Kostenposition Hauswartkosten oder Hausmeisterkosten ist.