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BGH, Urteil vom 10.07.2015 – V ZR 169/14 – “Nutzung eines Ladens als Gaststätte erlaubt?


Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft aus dem Saarland wehrt sich gegen die nächtliche Nutzung einer in der Teilungserklärung als „Laden“ ausgewiesenen Teileigentumseinheit. Die beklagte Teileigentümerin hat das Teileigentum 1995 erworben. Der Neffe der Beklagten betreibt dort eine Gaststätte, wobei seit 2007 diese bis in die frühen Morgenstunden geöffnet ist. Am 10.05.2011 wurde ein bestandskräftiger Beschluss gefasst, wonach „die derzeit vorhandenen Gaststätte und Restaurantbetriebe bis 1:00 Uhr nachts geöffnet sein dürfen“ und die Hausverwaltung zur gerichtlichen Durchsetzung beauftragt sowie bevollmächtigt. Die Wohnungseigentümergemeinschaft erhob daraufhin Klage mit dem Antrag, dass die Beklagte die Gaststätte nicht nach 1:00 Uhr nachts betreiben und offenhalten darf. In I. und II. Instanz blieb der Klage der Erfolg versagt.

Der Bundesgerichtshof vertritt eine andere Ansicht und verurteilte die Beklagte antragsgemäß. Begründet wird dies damit, dass der Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 1004 BGB, § 15 Abs. 3 WEG ein Unterlassungsanspruch zusteht. Denn der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung im Sinn von § 242 BGB (hier in Gestalt der Verwirkung) steht diesem Anspruch nicht entgegen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt nämlich, die Nutzung nach 1:00 Uhr nachts zu untersagen. Auch wenn die Gaststätte jahrzehntelang geduldet worden ist, heißt dies nicht, dass diese zweckwidrige Nutzung der Teileigentumseinheit nach 1:00 Uhr die Eigentümer hinzunehmen hätten. Denn die Nutzung nach 1:00 Uhr nachts besteht erst seit dem Jahr 2007, so dass es sich um eine neue und qualitativ eigenständige Störung handelt.

Der Unterlassungsanspruch kann auch nicht mit dem Argument verneint werden, dass eine nach der Teilungserklärung als Laden bezeichnete Fläche als Gaststätte benutzt werden dürfe. Zwar kann sich eine nach dem vereinbarten Zweck (hier: Laden) ausgeschlossene Nutzung (hier Gaststätte) als zulässig erweisen, wenn sie bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die vorgesehene Nutzung. Entscheidend ist allerdings, dass eine solche anderweitige Nutzung die übrigen Eigentümer nicht über das Maß hinaus beeinträchtigt, das bei einer Nutzung zu dem vereinbarten Zweck typischerweise zu erwarten ist. Da Läden in Saarland – anders als Gaststätten – zur Nachtzeit geschlossen sein müssen, stört die Gaststätte bei typisierender Betrachtungsweise gerade mehr als eine Ladennutzung.