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BGH, Beschluss vom 29.04.2015 – XII ZB 236/14 – “Neuere Entwicklung zum Elternunterhalt


Seit einigen Jahren ist zu beobachten, dass Auseinandersetzungen (regelmäßig zwischen dem Sozialamt und Kindern pflegebedürftiger Personen) wegen des Elternunterhalts zunehmen, auch nach diversen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes. Es hatte der BGH nunmehr erneut Gelegenheit mit einem Beschluss vom 29.04.2015 – XII ZB 236/14 (NJW 2015, 1877 ff.) sich zu Grundlagen und Umfang der Verpflichtung zum Elternunterhalt zu äußern.

Es wurde nächst klarstellend bestätigt, dass der Lebensbedarf eines Pflegebedürftigen regelmäßig aus den Kosten im Pflegeheim besteht und etwaige Ansprüche auf Unterhalt im Umfang der Erbringung von Sozialhilfe auf den diesbezüglichen Leistungsträger übergehen. Zum Umfang der Zahlungspflicht, notwendige Leistungsfähigkeit des Kindes, wurden an Grundzügen bestätigt bzw. konkretisiert:

  1. Soweit der (individuell zu bemessende) Wohnvorteil durch eine im Allein- oder Miteigentum stehende Immobilie höher als die laufenden Aufwendungen ist, kann sich aus dem Überschuss, ebenso aus Zinsen, eine Unterhaltsverpflichtung für die Eltern ergeben, als Kapitalerträge.
  2. Eine Verpflichtung zum Elternunterhalt kann sich auch aus dem Vermögensstamm ergeben. Dabei besteht einerseits ein allgemein nicht heranzuziehender Betrag für besondere Ausgaben („Notgroschen“), welcher in der Vergangenheit (NJW 2013, 3024) bei einem alleinstehenden, kinderlosen Unterhaltsschuldner mit einem Arbeitseinkommen unterhalb des Selbstbehaltes bei einem Betrag von EUR 10.000,00 gebilligt wurde. Weiter wurde bestätigt, dass zusätzlich ein nicht heranzuziehendes Vermögen aufgrund individueller Altersvorsorge bestehen kann. Dabei wurde bestätigt, dass die Anlageform nicht vorgegeben ist, im Einzelfall auch ein bloßes Sparvermögen eine Altersvorsorge darstellen kann. Als Berechnungsgrundlage wurde ein Anteil von 5 % des Bruttoeinkommens aus der gesamten Zeit der Erwerbstätigkeit herangezogen.
  3. Für den Fall, dass bereits keine aktive Erwerbstätigkeit mehr stattfindet, sich das unterhaltsverpflichtete Kind selbst im Ruhestand befindet, wurde auf einen zu ermittelnden monatlichen Betrag zur Entnahme aus dem Vermögensstamm verwiesen sowie auf die statistische Lebenserwartung, dies zu Ermittlung des Altersvorsorgekapitals, welches nicht zum Elternunterhalt herangezogen werden soll.

Mit der Entscheidung betont der Bundesgerichtshof die Bedeutung der eigenen Altersvorsorge, welche der Inanspruchnahme auch auf Elternunterhalt entzogen ist.