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BAG, Urteil vom 29.06.2016 – 5 AZR 716/15 und ArbG Köln, Urteil vom 03.05.2016 – 14 Ca 6943/15 – “Mindestlohn für Bereitschaftsdienst?


Im Vorfeld zum 01.01.2017, an dem der gesetzliche Mindestlohn von EUR 8,50/Stunde auf EUR 8,84/Stunde steigen wird, was bei entsprechenden Arbeitsverhältnissen zu berücksichtigen ist, wenn nicht die Branchenausnahme nach § 24 Mindestlohngesetz greift, ergehen weiterhin Urteile zur Thematik des Mindestlohns.

  1. Bundesarbeitsgericht zum Bereitschaftsdienst

Ein Rettungsassistent, auf dessen Arbeitsverhältnis der TVöD Anwendung findet, war dort für 39 Stunden/Woche beschäftigt, nach dem Tarifvertrag lag eine Verlängerung der wöchentlichen Arbeit auf 48 Stunden vor, wenn regelmäßig in nicht unerheblichem Umfang Bereitschaftszeiten anfallen (Bereitschaftszeit gleich Arbeitszeit). Die Regelung fand beim Kläger, der also Bereitschaftszeiten in erheblichem Umfang zu erbringen hatte, Anwendung. Seine Monatsvergütung betrug rund EUR 2.700,00 zuzüglich Zulagen. Der Kläger hat darauf geklagt, für die Bereitschaftszeiten zusätzliche Entgelt zu bekommen und zwar in Höhe von EUR 15,81 je Stunde Bereitschaftsdienst.

Der Kläger hatte vor Gericht keinen Erfolg, das Gericht hat auf die Gesamtarbeitszeit von max. 228 Stunden je Monat abgestellt und durch einen Vergleich mit der Bruttovergütung von EUR 2.700,00 ohne weiteres feststellen können, dass die Vergütung höher ist als der gesetzliche Mindestlohn, weitere Ansprüche dem Kläger also nicht zustehen. Die tarifvertragliche Regelung sei auch nicht durch das Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes unwirksam geworden. Zur Entscheidung liegt bislang nur die Pressemitteilung vor, aus ihr wird sich aber wohl auch ergeben, dass für Bereitschaftszeiten der Mindestlohn zu bezahlen ist.

Eine zusätzliche Vergütung für Bereitschaftsdienstzeiten ist nach dieser Entscheidung dann nicht zwingend zu bezahlen, wenn die Gesamtvergütung für geleistete Arbeitszeit inklusive Bereitschaftsdienstzeit den Mindestlohn pro Stunde überschreitet.

BAG, Urteil vom 29.06.2016 – 5 AZR 716/15

  1. Arbeitsgericht Köln zum Bereitschaftsdienst

Das Arbeitsgericht Köln hat am 03.05.2016 entschieden, dass einer studentischen Hilfskraft, die Bereitschaftsdienst leistet, nicht der nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Stundenlohn i.H.v. EUR 8,50 brutto zustehe, sondern in Anlehnung an den TVöD NRW nur eine Vergütung i.H.v. 40 % einer normalen Arbeitsstunde, also EUR 3,40. Das Arbeitsgericht Köln hat also noch anders als in der vorstehend zitierten, aber noch nicht mit Gründen vorliegenden Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts entschieden und wird voraussichtlich aufgehoben werden. Auch innerhalb des Arbeitsgerichts Köln gibt es zu dieser Frage unterschiedliche Auffassungen. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird der Mindestlohn für Bereitschaftsdienstseiten zukünftig voll zu zahlen sein.

ArbG Köln, Urteil vom 03.05.2016 – 14 Ca 6943/15