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OLG Hamm, Urteil vom 17.09.2015 – 18 U 19/15 – “Minderung bei Verletzung der Konkurrenzschutzverpflichtung”
Mit Urteil vom 17.09.2015 befasste sich das Oberlandesgericht Hamm (18 U 19/15) mit den Rechtsfolgen der Verletzung der vertraglichen und vertragsimmanenten Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter spürbare Konkurrenz fern zu halten.
Mietsache ist eine 3.259 m² große Fläche in einem Einkaufszentrum. Die Vermietung erfolgte zum Betrieb eines Fitnesscenters. Die monatliche Miete betrug EUR 19.635,00 (EUR 15.470,00 Grundmiete, EUR 2.975,00 Betriebskosten- und EUR 1.190,00 Heizkostenvorauszahlung). Der Mietvertrag enthält eine „Konkurrenzklausel“, in der es heißt:
Dem Mieter sind die anderen am Standort „X-Center“ angesiedelten Gewerbebetriebe bekannt. Er verpflichtet sich, diesen Betrieben keine Konkurrenz zu machen. Im Gegenzug verpflichtet sich der Vermieter, während der Laufzeit dieses Mietvertrages und der Optionszeiten keine weiteren Räumlichkeiten im Objekt zur Einrichtung und zum Betrieb eines Fitnesscenters zu vermieten.
Der Vermieter vermietete eine Fläche im „X-Center“ von ca. 595 m² zum Betrieb eines Kickbox-Studios und eine weitere Fläche von ca. 350 m² zum Betrieb eines Reha- und Gesundheitssport-Studios. Daraufhin minderte der Mieter die Gesamtmiete von EUR 19.635,00 um 25 %. Das Oberlandesgericht Hamm entscheidet, dass der Mieter zur Minderung berechtigt ist, weil eine vertragswidrige Konkurrenzsituation vorliege und die Verletzung der Verpflichtung, spürbare Konkurrenz fernzuhalten, zu einem Mangel der Mietsache führe. Die Bruttomiete ist aufgrund der Verstöße des Vermieters gegen die Konkurrenzschutzklausel im Mietvertrag bzw. den vertragsimmanenten Konkurrenzschutz um 25 % gemäß § 536 Abs. 1 S. 2 BGB gemindert. Hierbei bezieht sich die Minderungsbefugnis auch auf die Nebenkostenvorauszahlungen (so bereits BGH NJW 2005, 1713).
Seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.10.2012 (XII ZR 117/10) ist geklärt, dass eine Verletzung der Konkurrenzschutzpflicht zu einem Mangel der Mietsache führt. Dies gilt sowohl für den ausdrücklich vereinbarten als auch für den so genannten vertragsimmanenten Konkurrenzschutz, der auch dann gilt, wenn der Mietvertrag keine Vereinbarung zum Wettbewerbsschutz enthält. In dem Fall, den das Oberlandesgericht Hamm zu entscheiden hatte, hat der Vermieter gegen die Konkurrenzschutzklausel des § 19 des Mietvertrags, jedenfalls aber gegen ein ungeschriebenes Wettbewerbsverbot (die dem Mietvertrag immanente Verpflichtung, spürbare Konkurrenz im Hauptsortiment fernzuhalten) verstoßen, indem Flächen an den Betreiber eines Kickbox-Studios und den Betreiber eines Reha- und Gesundheitssport-Studios vermietet wurden. Der ausdrücklich vereinbarte und auch der vertragsimmanente Konkurrenzschutz beruhen auf der Erwägung, dass es zur Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs gehört, den Mieter in dem vertraglich vereinbarten Gebrauch zum Betrieb des vereinbarten Geschäfts bzw. Gewerbes nicht zu behindern. Dabei ist der Vermieter allerdings nicht gehalten, dem Mieter jeden fühlbaren oder unliebsamen Wettbewerb fernzuhalten. Vielmehr ist nach den Umständen des einzelnen Falles abzuwägen, inwieweit nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Belange der Parteien die Fernhaltung von Konkurrenz geboten ist. Das Oberlandesgericht nahm an, dass die Vermietung der Räumlichkeiten an die Konkurrenten das für die Bemessung der Minderung maßgebliche Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht nur unerheblich beeinträchtigt. Bei der Frage, ob eine Beeinträchtigung vorliegt, ist sowohl auf die konkrete Ausgestaltung des Betriebs des anderen Mieters als auch auf den in dem anderen Mietvertrag vereinbarten Mietzweck abzustellen. Die Minderungsbefugnis des beeinträchtigten Bestandsmieters kann sich schon aus den vertraglichen Nutzungsmöglichkeiten ergeben, die dem Konkurrenten eingeräumt worden sind, mögen sie auch nicht sogleich oder voll ausgeschöpft werden. Andererseits kann das Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung auch aus einer vertragswidrigen Überschreitung des dem hinzutretenden Mieter gewährten Mietgebrauchs gestört werden. Zwar war in dem Mietvertrag mit dem Kickbox-Studio vereinbart, dass Mietzweck der Betrieb eines solchen Studios sei. Das Oberlandesgericht Hamm lässt es dahinstehen, ob ein solcher Betrieb für die Kundschaft des Mieters als Betreiber eines Fitnessstudios von nennenswertem Interesse gewesen wäre. Entscheidend war vielmehr, dass der Konkurrent kein reines Kickbox-Studio betrieb, sondern ein Kampfsport-Studio, in dem von Anfang an verschiedene Kampfsportarten angeboten und auch eine größere Anzahl von Fitnessgeräten vorgehalten worden sind. Damit ist ein potentieller Einfluss auf die Kundschaft des Betreibers des Fitnessstudios geschaffen worden. Der Vermieter verletzte auch seine Verpflichtung zur Fernhaltung von Konkurrenz durch die Vermietung an den Betreiber des Reha- und Gesundheitssport-Studios. Insoweit bietet bereits der Vertragszweck „Gesundheitssport“ keine klare Abgrenzung zum Vertragszweck des Betriebs eines Fitnessstudios, denn das Fitnesstraining lässt sich auch unter den Begriff des Gesundheitssport subsumieren. Insgesamt schätzte das Oberlandesgericht Hamm eine Beeinträchtigung des Mietgebrauchs des Betreibers des Fitnessstudios von 25 %. Der vertragsgemäße Gebrauch sei mehr als nur unerheblich beeinträchtigt. Denn das Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung sei durch die Vermietung an die beiden Konkurrenten empfindlich gestört worden. Von Bedeutung ist ferner die Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm, wonach es zur Feststellung und Bemessung dieser Beeinträchtigung im Rahmen der Minderung – anders als bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen – nicht der Auswertung der Umsatzentwicklung des betroffenen Mieters bedarf (so auch OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 514). Denn für die Frage der Erheblichkeit der Störung des Äquivalenzverhältnisses durch Verstöße gegen den Konkurrenzschutz ist die Umsatzentwicklung des betroffenen Mieters letztlich nicht aussagekräftig. Sie hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. So kann der Mieter, der aufgrund der Konkurrenzsituation in Schwierigkeiten gerät, seine Werbemaßnahmen erheblich intensivieren oder seine Preise erheblich herabsetzen und mit diesen Maßnahmen erfolgreich einen Umsatzrückgang verhindern, doch wird dies seine Minderungsbefugnis nicht beeinflussen. Andererseits kann ein Umsatzrückgang, dem der Mieter nicht solchermaßen erfolgreich entgegen gesteuert hat, auf Umständen beruhen, die mit der Konkurrenzsituation nichts zu tun haben. Die Umsatzzahlen als solche erlauben deshalb keinen verlässlichen Rückschluss auf das Maß der Beeinträchtigung des Mietgebrauchs. Letztendlich ist somit die Bewertung des Gerichts für die Minderungsquote maßgeblich. Dies ist nicht zu beanstanden, denn Rechtsprechung ist keine Naturwissenschaft, sondern sie beruht auf Wertungen. Deshalb ist es aber aus Sicht des Mieters und des den Mieter beratenden Anwalts sehr schwer zu prognostizieren, welche Minderungsquote ein Gericht für angemessen erachtet.