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Brandenburgisches OLG, Urteil vom 22.12.2015 – 3 U 117/10 – “Wartungskosten von Gemeinschaftsanlagen; vertragliche Einwendungsausschlussregelung


Mit Urteil vom 10.09.2014 – XII ZR 56/11 – hat der Bundesgerichtshof ein Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Der Bundesgerichtshof hatte entschieden, dass die formularmäßige Umlage von Kosten für das Centermanagement unwirksam ist, hingegen die Auferlegung von Verwaltungskosten keinen Bedenken begegnet. Das ist mittlerweile allgemein bekannt. Von Interesse ist aber insbesondere, welche Konsequenzen das Brandenburgische Oberlandesgericht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs zu Kosten der Wartung und Instandhaltung des Einkaufszentrums und seiner Gemeinschaftsanlagen sowie zu einer vertraglichen Ausschlussregelung zog.

Nach dem formularmäßigen Vertrag hatte die Mieterin die Kosten der Wartung und Instandhaltung aller technischen Einrichtungen einschließlich der Kosten des Betriebs zu tragen. Darüber hinaus wurden der Mieterin unter anderem die Kosten der Wartung im Einzelnen genannter Anlagen wie Aufzug, Fahrsteigen und Fahrtreppen auferlegt. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass diese vertragliche Bestimmung über die Wartung und Instandhaltung aller technischen Einrichtungen einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB nicht standhält. Sie überbürdet dem Mieter anteilig nach der von ihm gemieteten Fläche ohne Begrenzung der Höhe nach die Kosten der Instandhaltung des Einkaufszentrums und seiner Gemeinschaftsanlagen sowie der Instandhaltung im Mietvertrag im Einzelnen aufgeführter Anlagen. Die vertragliche Regelung war deshalb gemäß § 307 BGB unwirksam. Nun enthielten die Nebenkostenabrechnungen von ihrer Bezeichnung her keinen Instandsetzungssaufwand. Da aber nicht ausgeschlossen werden konnte, dass auch Kosten der Wartung und Instandhaltung aller technischen Einrichtungen in die Abrechnung eingeflossen sind, wurde die Sache an das Berufungsgericht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen.

Die Vermieterin machte geltend, Wartungskosten seien ohne eine Kostenobergrenze wirksam auf die Mieter umlegbar. Dieser Rechtsauffassung folgt das Brandenburgische Oberlandesgericht nicht. Es entscheidet, dass folgende Positionen aus den streitgegenständlichen Betriebskostenabrechnungen nicht wirksam umgelegt wurden: Wartung Blitzschutz, allgemeine Wartung, Wartung Rauchabzug, Wartung Brandtor, Wartung Klimaanlage, Wartung automatische Tür, Wartung RWA, Wartung Sicherheit, Wartung Feuerlöscher, Wartung Kälteanlage, Wartung Sprinkler, Wartung Lüftungsanlage, allgemeine Brandmelder, allgemeine Sprinkler, Strom Lüftung, Telefon Brandmeldeanlage, Miete Brandmeldeanlage, Strom Überwachung, Strom Lüftungen. Das Brandenburgische Oberlandesgericht führt aus, dass diese Positionen zwar nach ihrem Wortlaut keine Instandsetzungsmaßnahmen betreffen, sondern im Wesentlichen die Wartung bestimmter technischer Anlagen des Centers. Bei all diesen Positionen handelt es sich aber um solche, deren Umlage der Bundesgerichtshof für unwirksam erklärt hat. Der Bundesgerichtshof hat im Revisionsurteil ausgeführt, dass die von der Mieterin beanstandeten Bestimmungen über die Wartung und Instandhaltung aller technischen Einrichtungen einer Inhaltskontrolle nicht standhielten, da die zulässige Abweichung vom gesetzlichen Leitbild dort ihre Grenze finde, wo dem Mieter die Erhaltungslast von gemeinsam mit anderen Mietern genutzten Flächen ohne Beschränkung der Höhe auferlegt werde. Zur Erhaltungslast in diesem Sinne gehört nach Auffassung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts neben der Instandsetzung auch die Wartung und der Betrieb der Gemeinschaftsanlagen. Dies entspräche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 26.09.2012, NJW 2013, 41, Rn. 22), nach der eine Klausel, wonach einem Mieter die Kosten der „Wartung und Instandhaltung aller technischen Einrichtungen einschließlich der Kosten des Betriebes“ übertragen wurden, insgesamt für unwirksam erklärt wurde. Demnach vertritt das Brandenburgische Oberlandesgericht die Auffassung, dass Wartungskosten hinsichtlich Gemeinschaftsanlagen nur dann wirksam auf die Mieter umgelegt sind, wenn die Klausel eine Kostenobergrenze vorsieht.

Der Mietvertrag enthielt ferner folgende vertragliche Ausschlussregelung:

Der Mieter kann binnen drei Wochen nach Zugang der Abrechnung Einsicht – nach vorheriger Anmeldung – in die vom Vermieter oder dessen Hausverwalter ausliegenden Unterlagen während der üblichen Geschäftszeiten nehmen. Einwendungen gegen die Abrechnung muss der Mieter innerhalb von vier Wochen nach Zugang der Abrechnung schriftlich erheben. Nach Ablauf dieser Fristen sind Einwendungen gegen die Abrechnung ausgeschlossen.

Zu dieser Klausel meinte der Bundesgerichtshof, das Oberlandesgericht müsse nach Zurückverweisung der Sache prüfen, ob diese Regelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhält. Die Klausel verstößt gegen das Regelungsverbot des § 308 Nr. 5 BGB. Nach dieser Vorschrift ist eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen. Eine solche Hinweispflicht des Verwenders ist im Vertrag nicht begründet worden. Allerdings ist das Klauselverbot des § 308 Nr. 5 BGB in der streitgegenständlichen Sache nicht unmittelbar anwendbar, es sich bei dem Mieter um einen Unternehmer handelt. Auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, findet § 308 BGB keine Anwendung (§ 310 Abs. 1 S. 1 BGB). Solche Geschäftsbedingungen unterliegen jedoch der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB, und zwar auch insoweit, als dies zur Unwirksamkeit von Vertragsbestimmungen führt, die in § 308 BGB aufgeführt sind. Dabei ist auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessen Rücksicht zu nehmen (§ 310 Abs. 1 S. 2 BGB). Das bedeutet, dass bei der Inhaltskontrolle im unternehmerischen Verkehr die in den Klauselverboten zum Ausdruck kommenden Wertungen berücksichtigt werden sollen, soweit sie übertragbar sind. Den Klauselverboten kommt im Rahmen der Inhaltskontrolle somit Indizwirkung für die Unwirksamkeit der Klausel auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr zu. Fällt eine Klausel bei ihrer Verwendung gegenüber Verbrauchern unter eine Verbotsnorm der §§ 308, 309 BGB, so ist dies ein Indiz dafür, dass sie auch im Falle der Verwendung gegenüber Unternehmern zu einer unangemessenen Benachteiligung führt, es sei denn, sie kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden (BGH NJW 2007, 3774 Rn. 11). Der Bundesgerichtshof erteilte dem Berufungsgericht die Aufgabe, hierzu Feststellungen zu treffen. Das Brandenburgische Oberlandesgericht entscheidet, dass ein solches besondere Bedürfnis hier nicht zu erkennen ist, so dass die Indizwirkung zum Tragen kommt und die Klausel zu einer unangemessenen Benachteiligung der Mieterin führt und nach § 307 BGB unwirksam ist. Das Brandenburgische Oberlandesgericht lässt offen, ob die vorliegende Klausel grundsätzlich, insbesondere auch hinsichtlich der dort normierten Frist von vier Wochen, innerhalb derer Einwendungen geltend zu machen sind, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB standhalten würde. Die Unwirksamkeit ergibt sich hier nämlich bereits daraus, dass die maßgebliche Klausel entgegen § 308 Nr. 5 b BGB nicht die dort ausdrücklich normierte Verpflichtung enthält, den Vertragspartner, d.h. den Mieter bei Beginn der Frist, also mit Übersendung der Abrechnung, auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens bzw. Schweigens, nämlich mit Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung endgültig ausgeschlossen zu sein, hinzuweisen. Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung dieser Klausel sicherstellen, dass die Fiktionsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, nur dann Wirkung entfalten, wenn dem Vertragspartner zur Vermeidung einer solchen fingierten Erklärung eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen gegenteiligen Erklärung eingeräumt wird und der Verwender sich in seinen AGB verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen. Die Hinweispflicht erscheine, so die Begründung im Gesetzgebungsverfahren, erforderlich, da der Betroffene längere Zeit nach Vertragsschluss unter Umständen nicht mehr in Erinnerung habe, welche Folgen im Einzelfall an sein Verhalten geknüpft sind. Dass gewerbliche Mieter dieses Schutzes – ausnahmsweise – nicht bedürfen, lässt sich nach Auffassung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts nicht feststellen. Schutzzweck und Sinn dieser Hinweispflicht im Rahmen eines Mietvertrages ist es, einen Mieter, dem regelmäßig die einzelnen Klauseln seines Mietvertrages gerade bei einer längeren Mietdauer nicht stets in vollem Umfang präsent sein dürften, die Bedeutung seines Schweigens, d.h. des Verstreichenlassens der Frist in dem Zeitpunkt, in dem es darauf ankommt, also bei Fristbeginn, klarzumachen. Dieses Schutzbedürfnis ist bei einem gewerblichen Mieter nicht anders zu beurteilen als bei einem privaten. Damit konnte sich die Vermieterin hier nicht auf einen Einwendungsausschluss berufen. Die mietvertragliche Klausel war unwirksam, weil sie nicht die Verpflichtung des Vermieters enthielt, den Mieter bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung der nicht fristgemäßen Geltendmachung von Einwendungen hinzuweisen.