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BGH, Beschluss vom 11.03.2015 – XII ZR 73/14 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen), OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.06.2014 – 24 U 159/13 – “Leerstand in einem Einkaufszentrum”


Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 11.03.2015 – XII ZR 73/14 – die Nichtzulassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 05.06.2014 – 24 U 159/13 – zurückgewiesen. Die Mietvertragsparteien stritten darüber, ob Leerstand im Einkaufszentrum City Palais in Duisburg als Mangel der Mietsache zu qualifizieren ist.

Das City Palais in Duisburg ist ein Einkaufszentrum mit einer kleineren Shopping Mall, mehreren Gastronomiebetrieben und einem multifunktionalen Veranstaltungs- und Kongresszentrum bestehend aus einer Spielbank, der Mercatorhalle mit der Duisburger Philharmonie und und einem kleinen Saal sowie einem Tagungs- und Konferenzzentrum. Die Klägerin ist Mieterin von im Erdgeschoss des Objekts gelegenen Räumlichkeiten mit einer Gesamtmietfläche von ca. 725 m² nebst Lagerraum und einer ca. 300 m² großen Außenbestuhlungsfläche, in denen sie das Restaurant „P.“ betreibt. Im August 2012 untersagte die Stadt Duisburg aufgrund von Brandschutzmängeln in den Veranstaltungs- und Konferenzbereichen des City Palais die Nutzung der Mercatorhalle (der Konzerthalle) und des kleinen Saals sowie des Tagungs- und Konferenzzentrums. Die Mieterin meint, ihr stünden deshalb Schadensersatzansprüche zu und außerdem sei die Miete um 50 % gemindert.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf lehnt einen Schadensersatzanspruch ab, weil die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nach §§ 536 Abs. 1, 2, 536 a Abs. 1 BGB nicht vorliegen. Die an die Klägerin vermieteten Räumlichkeiten sind weder mit einem Mangel behaftet noch fehlt ihnen eine zugesicherte Eigenschaft. Unter einem Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB ist eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten zu verstehen, wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug auf die Mietsache als Fehler im Betracht kommen können. So können bestimmte äußere Einflüsse oder Umstände – etwa die Behinderung des Zugangs zu einem gemieteten Geschäftslokal – einen Fehler des Mietobjekts begründen. Erforderlich ist allerdings, um Ausuferungen des Fehlerbegriffs zu vermeiden, stets eine unmittelbare Beeinträchtigung der Tauglichkeit bzw. eine unmittelbare Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache, wohingegen Umstände, die die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nur mittelbar berühren, nicht als Mängel zu qualifizieren sind (BGH vom 26.09.2012, XII ZR 122/11; BGH vom 21.09.2005, XII ZR 66/03; BGH vom 16.02.2000, XII ZR 279/97). Gemessen hieran liegt kein Mangel vor.

Der mit der Nutzungsuntersagung für die Mercatorhalle und – vorübergehend auch des Tagungs- und Konferenzbereiches – verbundene Rückgang der Gäste begründet ebenfalls keinen Mangel der Mietsache. Das Nichtbetreiben des Veranstaltungsbetriebes anderer Mieter wirkt sich nicht unmittelbar auf die Gebrauchstauglichkeit des Mietobjekts aus, sondern allenfalls auf den mit dem darin betriebenen Gewerbe erzielbaren Gewinn. Damit steht aber nicht die Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes infrage, sondern das allgemeine unternehmerische Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko, das grundsätzlich beim Mieter liegt (BGH vom 21.09.2005, XII ZR 66/03; BGH vom 16.02.2000, XII ZR 279/97) und auch im vorliegenden Fall nicht ausnahmsweise auf die Vermieterin abgewälzt worden ist.

Erfolglos versuchte die Mieterin geltend zu machen, der von ihr bemängelte Rückgang ihrer Gäste beruhe auf einem Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft des Mietobjekts. Die Eigenschaftszusicherung wollte die Mieterin aus der Präambel des Mietvertrages herleiten, in der beschrieben wurde, dass ein multifunktionales Veranstaltungs- und Konferenzzentrum entstanden sei, in welchem die Klägerin Flächen zum Betrieb ihres Gewerbes anmiete. Das Oberlandesgericht Düsseldorf führte zunächst aus, dass die Frequentierung des City Palais durch Gäste der Mercatorhalle und des Tagungs- und Kongresszentrums keine zusicherungsfähigen Eigenschaften der Mietsache sind. Als Eigenschaften im Sinne von § 536 Abs. 2 BGB kommen neben der physischen Beschaffenheit die tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen des Mietgegenstandes zu seiner Umwelt in Betracht, die für die Brauchbarkeit und den Wert des Mietobjekts von Bedeutung sind. Diese Beziehungen müssen jedoch ihren Grund in der Beschaffenheit des Mietobjekts selbst haben, von ihm ausgehen, ihm auch für eine gewisse Dauer anhaften und nicht lediglich durch Heranziehung von Umständen in Erscheinung treten, die außerhalb der Mietsache liegen (BGH vom 16.02.2000, XII ZR 279/97). Ob und in welchem Umfang potenzielle Gäste durch die Attraktivität eines Einkaufszentrums angezogen werden und damit letztlich zu einem wirtschaftlichen Erfolg des in den Mieträumen betriebenen Gewerbes beitragen, beurteilt sich nach Umständen, die außerhalb des Mietobjektes liegen und ihre Ursache nicht in seiner Beschaffenheit haben (BGH a. a. O.). Auch in dem vom Oberlandesgericht Düsseldorf entschiedenen Fall gilt nichts anderes wie in dem Fall, dass ein Einkaufszentrum entgegen der Ankündigung des Vermieters nicht voll vermietet ist oder ein wichtiger Ankermieter seinen Betrieb vorübergehend oder dauerhaft einstellt und damit wegfällt. Weder eine zugesagte Vollvermietung noch das Vorhandensein eines bestimmten Mieters im Einkaufszentrum stellt einen Umstand dar, der der Mietsache auf Dauer als „Eigenschaft“ anhaftet. Ob und in welchem Umfang potenzielle Kunden durch die Attraktivität eines – teil- oder vollbelegten – Einkaufszentrums angezogen werden und damit letztlich zu einem wirtschaftlichen Erfolg des Gewerbes in dem gemieteten Ladenlokal beitragen, beurteilt sich aufgrund von Umständen, die außerhalb des Mietobjekts liegen und ihre Ursache nicht in seiner Beschaffenheit haben (BGH vom 16.02.2000, XII ZR 279/97). Überdies fehlt es nach zutreffender Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf an einer entsprechenden Zusicherung der Vermieterin. Eine solche lässt sich auch nicht der Präambel des Mietvertrages entnehmen. Zwar kann auch in der Präambel eines zivilrechtlichen Vertrages eine verbindliche Zusicherung abgegeben werden (BGH vom 21.09.2005, XII ZR 66/03 und BGH vom 26.05.2004, XII ZR 149/02). Allerdings wird in der Präambel des streitgegenständlichen Mietvertrages lediglich beschrieben, dass ein multifunktionales Veranstaltungs- und Kongresszentrum entstanden sei, in welchem die Klägerin Flächen zum Betrieb ihres Gewerbes anmiete. Dass die Vermieterin mit dieser Angabe auch die Aufrechterhaltung des Betriebes in der Mercatorhalle und in dem Tagungs- und Kongresszentrum für die gesamte Laufzeit des Mietvertrages zusichern und damit von der gesetzlich vorgesehenen Risikoverteilung abweichen wollte, ist daraus nicht abzuleiten.

Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch folgt auch nicht aus den Regelungen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 oder 2 BGB. Aus § 313 BGB kann nur ein Anspruch auf Anpassung des Vertrages oder – falls diese nicht möglich ist – ein Recht zum Rücktritt abgeleitet werden. Überdies liegt eine Störung der Geschäftsgrundlage nicht vor. Dies gilt selbst dann, wenn sich die Parteien bei Vertragsschluss darüber einig waren, dass der Gastronomiebetrieb der Klägerin nur bei Ausschöpfung des sich aus dem Betrieb der Mercatorhalle und des Konferenz- und Tagungszentrums ergebenden zusätzlichen Potenzials an Restaurantgästen wirtschaftlich führen ließe. Die Geschäftsgrundlage ist dann nicht gestört, wenn sich Erwartungen oder Umstände geändert haben, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Vertragsparteien fallen sollen (BGH vom 21.09.2005, XII ZR 66/03). Entsprechendes ist hier aber anzunehmen, da es auch im vorliegenden Fall bei der grundsätzlichen Risikoverteilung im Gewerberaummietrecht verbleibt, wonach der Mieter das Verwendungsrisiko für die Mietsache trägt. Hierzu gehört auch das Risiko, mit dem Objekt Gewinne erzielen zu können. Allein die gemeinsame Erwartung, die nötige geschäftsbelebende Funktion könne verwirklicht werden, genügt nicht für die Annahme einer Geschäftsgrundlage (BGH vom 16.02.2000, XII ZR 279/97).

Für einen Anspruch aus culpa in contrahendo gemäß §§ 311 Abs. 2, 280 BGB fehlen jegliche Anhaltspunkte. Ein Anspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss kann in Betracht kommen, wenn der Anwendungsbereich der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften nicht betroffen ist und auch die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage aus Rechtsgründen nicht zum Zuge kommen (BGH, Urteil vom 26.05.2004 – XII ZR 149/02). Dass die Vermieterin im Zuge der Anwerbung falsche Angaben gemacht habe, trägt die Mieterin nicht vor. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vermieterin bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses damit rechnen musste, dass die Nutzung der Mercatorhalle sowie des Konferenz- und Tagungszentrums für längere Zeit untersagt werden würde. Dies setzte voraus, dass der Vermieterin die zur späteren Nutzungsuntersagung führenden gravierenden Brandschutzmängel bereits bekannt waren. Das war aber offenbar nicht der Fall.

Wie häufig hatte die Mieterin ohne konkrete Berechnung und Darlegung pauschal behauptet, ihr sei pro ausgefallener Veranstaltung mindestens EUR 2.000,00 an Gewinn entgangen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf führt zutreffend aus, dass dieser Vortrag zum angeblich entgangenen Gewinn völlig unsubstantiiert und deshalb prozessual unbeachtlich ist. Dies ist nicht hinreichend substantiiert, weil nicht nachvollzogen werden kann, welche Veranstaltungsausfälle zu welchen Gewinneinbußen geführt haben, was sich unschwer anhand der Gewinn-/Verlustrechnung feststellen ließe.