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OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.01.2015 – 10 U 184/14 – “Fristlose Kündigung wegen eines Verstoßes gegen ein vertragliches Bierverkaufsverbot


Der Mieter mietet in einer Einkaufspassage gelegene Räume zum Betrieb eines Eiscafés. Vereinbart ist eine Vertragsdauer bis 21.02.2018. Da die Vermieterin einem Wettbewerber des Mieters ein alleiniges Bierverkaufsrecht einräumte, wird im Mietvertrag der Parteien ein Bierausgabeverbot des Mieters vereinbart. Hiergegen verstößt der Mieter, weshalb er am 15.06.2011 abgemahnt wird. Der Mieter stellt daraufhin den Bierverkauf sofort ein. Am 08.11.2013 verkauft der Mieter erneut eine einzige Flasche Bier. Aus diesem Grunde erklärt die Vermieterin die fristlose Kündigung des Mietvertrages und klagt auf Räumung. Die Räumungsklage wird abgewiesen. Die fristlose Kündigung war nicht wirksam. Es muss nämlich ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Abmahnung, dem erneuten Verstoß und der Kündigung bestehen, an dem es hier fehlt. Darüber hinaus liegen die Voraussetzungen des § 543 Abs. 1 BGB nicht vor. Danach kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 BGB liegt nach § 569 Abs. 2 BGB, der gemäß § 578 Abs. 2 BGB auch auf das gewerbliche Mietverhältnis der Parteien Anwendung findet, vor, wenn eine Vertragspartei den Hausfrieden – hier durch einen vertragswidrigen Bierverkauf – nachhaltig stört, so dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Aus dem gesetzlichen Erfordernis eines „nachhaltigen“ Pflichtenverstoßes wird abgeleitet, dass diese Voraussetzungen nur erfüllt sind, wenn es sich um eine über einen längeren Zeitraum hinziehende erhebliche Beeinträchtigung der einen Partei durch einen schweren Verstoß der anderen Vertragspartei gegen das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme handelt (so OLG Düsseldorf, ZMR 2013, 706 m. w. N.). Die Störung des Hausfriedens muss danach in ihrem Ausmaß und ihrer Dauer die Toleranzschwelle in hohem Grade überschritten haben und die Vertragsfortsetzung für den anderen Teil unzumutbar machen. Einmalige oder vereinzelte Vorfälle genügen grundsätzlich ebenso wenig wie Störungen, die dem Bagatellbereich zuzuordnen sind. Hieran gemessen rechtfertigt der Verkauf einer einzigen Flasche Bier am 08.11.2013 auch unter Berücksichtigung des vertraglichen Verkaufsverbots und der Abmahnung eines ersten Fehlverhaltens vom 15.06.2011 schon nicht die Annahme einer nachhaltigen Störung des Hausfriedens.

Auch der Auffangtatbestand des § 543 Abs. 1 BGB ist nicht erfüllt. Für eine Mietvertragspartei kann danach ein Recht zur fristlosen Kündigung bestehen, wenn infolge des Verhaltens des anderen Vertragsteils die Durchführung des Vertrages wegen der Zerstörung der das Schuldverhältnis tragenden Vertrauensgrundlage derart gefährdet ist, dass dem Kündigenden unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses auch bei Anlegung eines strengen Maßstabes nicht mehr zugemutet werden kann. Über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB ist aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung zu entscheiden. Hierfür sind die Interessen des Kündigenden an der Vertragsbeendigung und die Interessen der anderen Vertragspartei an der Fortdauer des Mietverhältnisses zu ermitteln und zu bewerten. Die danach vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Ungunsten der Vermieterin aus. Für die Interessen der Vermieterin sprechen auf der Grundlage des von ihr unterbreiteten Sachverhalts das im Mietvertrag vereinbarte Bierausgabeverbot, an dessen Einhaltung die Vermieterin wegen des mit einem Wettbewerber des Mieters vereinbarten alleinigen Bierverkaufsrechts ein legitimes Interesse hat, sowie der Umstand, dass der Mieter schon einmal Mitte 2011 gegen das Bierverkaufsverbot verstoßen hat und am 08.11.2013 insoweit einen weiteren schuldhaften Verstoß begangen hat. Auf Seiten des Mieters ist zu gewichten, dass dieser den Bierverkauf sofort nach Erhalt der ersten Abmahnung der Vermieterin vom 15.06.2011 eingestellt hat, dass Bier auf der vorgelegten Getränkekarte nicht aufgeführt ist und dass der erneute Verstoß mehr als zwei Jahre nach der Abmahnung der Vermieterin durch Verkauf einer einzigen Flasche Bier erfolgt ist. Unter diesen Umständen liegt kein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 BGB für die vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses vor.