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BGH, Beschlüsse vom 12.01.2023 – I ZR 222/19 und I ZR 223/19 – “Klagebefugnis von Mitbewerbern bei Verstößen gegen die DSGVO nach wie vor unklar“


Der Bundesgerichtshof hat in zwei Verfahren (I ZR 222/19 und I ZR 223/19) durch Beschlüsse vom 12.01.2023 die Frage, ob ein Verstoß gegen die DSGVO durch einen Mitbewerber im Rahmen eines Zivilrechtsstreits verfolgt werden kann, dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt.

In beiden Fällen ging es um Klagen eines Apothekers, der zwei Konkurrenten, die ihre Produkte über Amazon angeboten haben, abmahnte. Neben Verstößen unter anderem gegen das Arzneimittelrecht ging es auch um einen Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO. Das OLG Naumburg hat als zuständiges Berufungsgericht entschieden, dass es sich bei den Regelungen der DSGVO um Marktverhaltensregeln im Sinne des UWG handelt und daher der Apotheker seine Mitbewerber wegen datenschutzrechtlicher Verstöße auf Unterlassung in Anspruch nehmen kann. Im Revisionsverfahren hat der BGH die bislang offene Frage selbst nicht beantwortet. Denn sie hängt von der Auslegung der Regelung in der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ab, die nicht dem BGH, sondern ausschließlich dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) obliegt.

Der Bundesgerichtshof hat dementsprechend durch den Beschluss vom 12.01.2023 das Verfahren I ZR 223/19 ausgesetzt und dem EuGH die Frage vorgelegt, ob es nach den Regelungen der DSGVO zulässig ist, dass ein Mitbewerber gegen einen Konkurrenten wegen Verstößen gegen die DSGVO vor dem Zivilgericht vorgeht. Das Verfahren I ZR 22/19 hat der Bundesgerichtshof bis zur Entscheidung über diese Frage ebenfalls ausgesetzt.

Die Frage, ob Konkurrenten Datenschutzverstöße nach der DSGVO abmahnen und selbst im Zivilrechtsweg verfolgen können, ist seit Geltung der DSGVO sowohl in der Rechtsprechung als auch in den Kommentierungen äußerst umstritten. Nachdem der EuGH die Klagebefugnis für Verbände im letzten Jahr mit Urteil vom 28.04.2022 (C-319/20) grundsätzlich bejaht hat, wird er sich jetzt mit der damals offengelassenen Frage, ob dies auch für einen Mitbewerber gilt, befassen müssen und kann insoweit für Rechtsklarheit sorgen. Unabhängig vom Ausgang dieser Entscheidung besteht natürlich bei jedem Verstoß gegen die DSGVO neben dem Risiko einer Abmahnung durch einen Verband die Gefahr, dass die zuständige Aufsichtsbehörde eingreift.