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OLG Brandenburg, Beschluss vom 16.09.2022 – 9 UF 74/22 – “Kindesunterhalt im paritätischen Wechselmodell“


Durch § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB ist geregelt, dass bei minderjährigen Kindern und gemeinsamem Sorgerecht der Elternteil, welcher die überwiegende Betreuung und Versorgung eines Kindes übernimmt, gegen den anderen Elternteil Kindesunterhalt in Form des Barunterhalts geltend machen kann. Im Falle eines paritätischen Wechselmodells mit identischen Betreuungsanteilen kann keiner der Elternteile für sich diese Berechtigung in Anspruch nehmen.

Im paritätischen Wechselmodell ist ein aus dem zusammengerechneten Einkommen beider Elternteile ermittelter Unterhaltsbedarf, unter Berücksichtigung der im jeweiligen Haushalt erbrachten Leistungen, zwischen den Eltern aufzuteilen, dies jedoch gemäß § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB im Verhältnis der Einkünfte oberhalb eines Selbstbehalts der Elternteile. Daraus ergibt sich, dass der Elternteil mit den höheren Einkünften auch im paritätischen Wechselmodell zu einer Zahlung von Barunterhalt verpflichtet sein kann. In diesem Zusammenhang hatte sich das OLG Brandenburg in einem Beschluss vom 16. September 2022 – 9 UF 74/22 damit zu befassen, ob ein Elternteil bei bestehendem paritätischem Wechselmodell die Berechtigung zur Geltendmachung eines Barunterhalts gegen den anderen Elternteil im Wege des § 1628 BGB, Antrag auf Übertragung der Einzelentscheidungsbefugnis, geltend machen kann, oder ob vielmehr die Verpflichtung zur Einsetzung eines Ergänzungspflegers besteht.

Durch das OLG Brandenburg wurde entgegen der ersten Instanz ausgeführt, dass der Elternteil, welcher entsprechend vorgehen möchte, ein Wahlrecht zwischen dem Antrag auf Einsetzung eines Ergänzungspflegers und der Vorgehensweis nach § 1628 BGB hat. Durch das OLG Brandenburg wurde dabei die Vorgehensweise mit Antrag auf Übertragung der Einzelentscheidungsbefugnis als vorzugswürdig angesehen, da auch in diesem Zusammenhang bereits zu prüfen ist, ob der antragstellende Elternteil tatsächlich die geringeren Einkünfte hat, somit der andere Elternteil voraussichtlich zum Barunterhalt verpflichtet ist. Lediglich pauschale Behauptungen über wesentliche Interessengegensätze zwischen dem antragstellenden Elternteil und den Kindern genügen insoweit nach den Ausführungen des OLG Brandenburg nicht, mit dem Hinweis darauf, dass auch in anderer Konstellation trotz theoretisch vergleichbarer Interessengegensätze dies kein Hindernis für eine Vertretung der Kinder durch einen Elternteil ist.