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BGH, Urteil vom 23.06.2015 – XI ZR 536/14 – “Keine Verjährungshemmung bei Missbrauch des Mahnverfahrens


Nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB wird der Lauf der Verjährungsfrist auch durch die Zustellung eines Mahnbescheides im Mahnverfahren gehemmt. Unabhängig davon, dass die Verjährungshemmung durch die Zustellung eines Mahnbescheides ohnehin riskant ist, da aus diesem eine genügende Individualisierung hervorgehen muss, hat der Bundesgerichtshof jetzt einem zugestellten Mahnbescheid auch aus anderen Gründen das Berufen auf seine verjährungshemmende Wirkung versagt.

Der Kläger hat am 19.02.1990 Wohnungseigentum erworben, welches er durch ein Darlehen der Beklagten finanziert hat. Nachdem er spätestens 2005 erfahren hat, dass ihm gegen die beklagte Bank unter dem Gesichtspunkt einer vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung Ansprüche zustehen, beantragte er den Erlass eines Mahnbescheides, in dem er in der Hauptsache Zahlung von sogenanntem „großen“ Schadensersatz verlangte. Bei dem „großen“ Schadensersatz wird das Wohnungseigentum Zug um Zug gegen Zahlung gefordert. Im Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides wurde trotzdem erklärt, dass der Anspruch von einer Gegenleistung nicht abhängt. Denn das Mahnverfahren ist nur dann gemäß § 688 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, wenn die Geltendmachung des Anspruchs von einer noch nicht erbrachten Gegenleistung nicht abhängig ist. Der Antrag auf Erlass des Mahnbescheides wurde kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist am 30.12.2008 gestellt. Gegen den Mahnbescheid hat die beklagte Bank Widerspruch eingelegt, so dass der Kläger sodann am 06.05.2010 seine Ansprüche begründet hat. Die Bank hat die Verjährungseinrede erhoben.

Der Bundesgerichtshof bejaht die Wirkungen der Verjährungseinrede, nachdem der Antragsteller sich auf die verjährungshemmende Wirkung des Mahnbescheides nicht berufen konnte. Denn wenn der Antragsteller im Mahnverfahren in Kenntnis der Rechtslage bewusst eine sachlich unrichtige Erklärung abgibt, dann kann sich dieser nicht auf die verjährungshemmende Wirkung berufen. Zwar wird die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt. Der Missbrauch des Mahnverfahrens verwehrt aber dem Kläger gemäß § 242 BGB grundsätzlich sich auf die Hemmung der Verjährung zu berufen. Dies gilt im Übrigen auch für den Anspruch auf den so genannten „kleinen“ Schadensersatz, in welchem der Geschädigte die Wohnung behält und übrig gebliebene Schäden geltend macht. Daher musste der Kläger, nachdem die Verjährungsfrist ohne Zustellung des Mahnbescheides abgelaufen wäre, sich so behandeln lassen, als wäre der Anspruch verjährt.

Wenn man sich bereits auf die unsichere Variante der Einleitung der Verjährungshemmung durch Mahnbescheid einlässt, müssen die Angaben im Antrag zur Gegenleistung der Wahrheit entsprechen, um sich nicht mit dem Missbrauch des Mahnverfahrens konfrontiert zu sehen und der mangelnden Berufung auf die verjährungshemmende Wirkung der Zustellung des Mahnbescheides.