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Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 23.09.2024 – 4 U 31/24 – „Haftung des Untermieters einer Teilfläche wegen verspäteter Rückgabe“


Mit Urteil vom 23.09.2024 – 4 U 31/24 – hat das Oberlandesgericht Hamburg entschieden, dass die Haftung des Untermieters einer Teilfläche wegen verspäteter Rückgabe das gesamte Mietobjekt umfasst. Der Vermieter und Eigentümer hatte eine Gewerbefläche an Frau A vermietet. Die Mieterin A überließ ihrerseits eine Teilfläche an den Beklagten B im Wege der Untervermietung. B nutzte die von ihm gemietete Fläche als Werkstatt, in den übrigen Räumen betrieb A eine Spedition. Wegen Zahlungsrückständen kündigte der Kläger das Mietverhältnis mit A fristlos. Die A wurde zur Räumung und Herausgabe verurteilt. Der Kläger forderte den B auf, die von ihm genutzte Teilfläche zu räumen. Nachdem dies nicht geschah erhob der Kläger Klage gegen B, die am 01.03.2023 zugestellt wurde. Der B hat am 21.05.2023 geräumt. Der Kläger fordert nunmehr für die Zeit vom 01.03.2023 bis 21.05.2023 klagweise vom B Nutzungsausfall in Höhe der mit der Mieterin A vereinbarten Gesamtmiete mit der Begründung, er habe in diesem Zeitraum weder von A noch vom B Mietzahlungen erhalten.

Das Oberlandesgericht Hamburg führt aus, der Beklagte B sei der Klägerin dem Grunde nach gemäß §§ 990 Abs. 2, 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB wegen der erst am 21.05.2023 erfolgten Rückgabe zum Schadensersatz verpflichtet. Der zur Herausgabe verpflichtete Besitzer haftet im Fall des Verzugs gemäß § 990 Abs. 2 i.V.m. §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB auf Ersatz des durch die Verzögerung der Herausgabe entstehenden Schadens, wenn er wie hier von dem Mangel im Besitzrecht erfahren hat. Aufgrund der Räumungsaufforderungen wusste der B, dass er zum Besitz nicht mehr berechtigt war. Deshalb haftet B dem Grunde nach. Hierbei haftet B nicht nur in Höhe der von ihm selbst an die Hauptmieterin A für die von ihm als Werkstatt genutzte Teilfläche gezahlten Miete. Seine Ersatzpflicht erstreckt sich vielmehr auf den dem Kläger in der Zeit vom 01.03.2023 bis 21.05.2023 entstandenen Ausfall der Nettomiete zuzüglich Betriebskostenvorauszahlung (ohne Umsatzsteuer) für die gesamte Mietfläche, die Gegenstand des Hauptmietvertrages mit Frau A war. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamburg ist davon auszugehen, dass der Untermieter einer Teilfläche des Mietobjekts für die gesamten durch die schuldhafte Leistungsverzögerung des Untermieters entstandenen Schäden haftet, also für sämtliche Nachteile, die dem Eigentümer durch das Vorenthalten der Mietsache entstehen, und zwar unabhängig davon, ob er selbst den Besitz am gesamten Mietobjekt tatsächlich ausübt (BGH NJW 2021, 1088, Tz 9). Der Schadensersatzanspruch bezieht sich auf das gesamte Mietobjekt, wenn eine von einem Untermieter genutzte Teilfläche nicht zur Vermietung zur Verfügung steht und eine Vermietung der restlichen Flächen ohne die vom Untermieter genutzte Teilflächen nicht möglich war (BGH, Urteil vom 31.01.2021 – XII ZR 221/90). In dem vom Oberlandesgericht Hamburg entschiedenen Fall war davon auszugehen, dass eine isolierte Vermietung der zuvor von der A genutzten Teilflächen des Mietobjekts für die Zeit vom 01.03.2023 bis 21.05.2023 nicht möglich war. Offen lässt das Oberlandesgericht die Frage, ob der Vorenthaltungsschaden entsprechend § 546a Abs. 1 Alt. 1 BGB stets anhand der zwischen Hauptvermieter und Hauptmieter vereinbarten Miete ermittelt werden kann. Jedenfalls ist nämlich für den Schadensersatzanspruch zwischen Hauptvermieter und Untermieter wegen Vorenthaltung anerkannt, dass zur Schadensermittlung auf den ortsüblichen Mietzins zurückgegriffen werden kann, der in der konkreten Sache ebenso hoch wie die zwischen dem Kläger und A vereinbarte Miete war, da B im Rechtsstreit nicht bestritten hat, dass der zwischen dem Kläger und A vereinbarte Mietzins ortsüblich und marktgerecht war.

Durchaus kreativ ist die Meinung des Oberlandesgerichts Hamburg, dass der Kläger als Schadenersatz noch die Betriebskostenvorauszahlungen in voller Höhe verlangen könne. Bei der Schadensberechnung sind die verbrauchsunabhängigen Nebenkosten zu berücksichtigen, die verbrauchsabhängigen Nebenkosten nur dann, wenn der Vermieter sie konkret darlegt. Solange der Vermieter aber nicht abrechnen kann, weil die erforderlichen Unterlagen nicht vorliegen, könne der Vermieter Schadenersatz einschließlich der Vorauszahlungen für verbrauchsabhängige und verbrauchsunabhängige Kosten fordern. Nach Abrechnungsreife habe der Mieter dann gegebenenfalls einen bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch. Diese Meinung des Oberlandesgerichts Hamburg ist vertretbar, man kann aber mit guten Argumenten auch der Auffassung sein, dass der Vermieter hinsichtlich der Nebenkosten erst dann Schadensersatzansprüche geltend machen könne, wenn er hierüber abgerechnet hat.