Project Description

OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.07.2015 – 10 U 114/12 – “Formularmäßiger Aufrechnungsausschluss und formularmäßige Beschränkung der Minderungsbefugnis sind wirksam


Immer wieder versuchen Mieter unter Berufung auf ein das Architektenrecht betreffendes Urteil des Bundesgerichtshofs vom 07.04.2011, VII ZR 209/07 zu argumentieren, ein in einem formularmäßigen Mietvertrag enthaltenes Aufrechnungsverbot sei unwirksam. Mit Urteil vom 25.07.2015 – 10 U 114/12 – hat das Oberlandesgericht Düsseldorf deutlich gemacht, dass die Formularklausel in einem gewerblichen Mietvertrag, „Der Mieter kann gegenüber dem Mietzins nicht mit einer Gegenforderung aufrechnen oder ein Minderungs- oder ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen, sei denn, dass der Anspruch unbestritten bzw. rechtskräftig festgestellt ist“, wirksam ist. Keinen rechtlichen Bedenken begegnet also auch die Einschränkung des Minderungsrechts und des Zurückbehaltungsrechts.

Die formularmäßige Regelung im Mietvertrag zum Aufrechnungsverbot und zur Beschränkung der Minderung und des Zurückbehaltungsrechts ist wirksam. Die Klausel ist weder überraschend im Sinne des § 305 c BGB noch ist die Klausel wegen unangemessener Benachteiligung nach §§ 307 Abs. 1, 309 Nr. 2, 3 BGB unwirksam. Nach § 305 c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Die Klausel ist in gewerblichen Mietverträgen in dieser oder ähnlicher Form gängige Praxis. Als Unternehmer musste der Mieter mit einer solchen Klausel auch rechnen (so OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.02.2011, I-10 U 108/09). Die Wirksamkeit der Klausel ist in Bezug auf den Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsausschluss im Übrigen durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinlänglich geklärt. Der für das gewerbliche Mietrecht zuständige XII. Zivilsenat des BGH hat die AGB-rechtliche Unbedenklichkeit der Klausel mit Urteil vom 15.12.2010, XII ZR 132/09 in einem Mietvertrag mit einem selbstständigen Kinderarzt nochmals ausdrücklich bestätigt. Auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, Urteil vom 07.04.2011, VII ZR 209/07 gibt keinen Anlass, die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Aufrechnungsverbotsklausel in einem gewerblichen Mietvertrag in Zweifel zu ziehen. Soweit danach die von einem Architekten in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Architektenvertrages verwandte Klausel, „eine Aufrechnung gegen den Honoraranspruch ist nur mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung zulässig“, gemäß § 9 Abs. 1 AGBG (= § 307 Abs. 1 BGB) unwirksam ist, fehlt es schon deshalb an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte, weil es sich in der streitgegenständlichen Angelegenheit – anders als im Fall des VII. Senats – um ein Dauerschuldverhältnis handelt. Dass der VII. Senat die Reichweite seiner Entscheidung nicht über den entschiedenen Bereich des Werkvertragsrechts hinaus auf das gewerbliche Mietrecht erstrecken wollte, zeigt sich schon daran, dass der Senat in seiner Entscheidung mit keinem Wort auf die das gewerbliche Mietrecht prägenden abweichenden Beurteilungen des VIII. (zuständig für die Wohnungsmiete) und des XII. Senats (zuständig für die Gewerberaummiete) eingeht, sondern sich nur mit abweichenden Stimmen aus Schrifttum und der OLG-Rechtsprechung zum Bauvertragsrecht auseinandersetzt. Hätte der VII. Senat von der Rechtsprechung der mietrechtlichen Senate des BGH abweichen wollen, hätte er nach § 132 GVG den Großen Senat des BGH anrufen müssen, der dann zu entscheiden hat, wenn ein Senat des BGH in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen will. Da dies nicht geschehen ist, kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass das Urteil des BGH vom 07.04.2011 nur das Architektenrecht betrifft und für das Mietrecht ohne Relevanz ist. Die nach Erlass der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07.04.2011 ergangene OLG-Rechtsprechung zum gewerblichen Mietrecht sieht dies genauso (z. B. OLG Köln, Beschluss vom 13.08.2012, 1 U 49/12; OLG Celle, Urteil vom 22.03.2012, 2 U 107 20/11; LG Köln, Urteil vom 07.03.2012, NZM 2012, 460). Soweit in der Literatur (Niebling, ZMR 2011, 620 und Lützenkirchen in einem beck-blog) vereinzelt andere Auffassungen vertreten werden, überzeugen diese nicht, weil jedwede nachvollziehbare Begründung fehlt.

Die Klausel ist darüber hinaus auch unbedenklich, soweit sie das Minderungsrecht des Mieters beschränkt. Als Allgemeine Geschäftsbedingung ist die Klausel gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn ausgehend von ihrem Wortlaut einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Kreise verstanden werden. Hieran gemessen ist der formularmäßige Minderungsausschluss dahin auszulegen, dass er das Minderungsrecht des Mieters nicht generell ausschließt, sondern ihm die Möglichkeit belässt, einen Rückzahlungsanspruch wegen der überzahlten Miete durch gesonderte Klage (§ 812 BGB) geltend zu machen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 91, 375) enthält bereits die Klausel „der Mieter kann gegenüber dem Mietzins und den Nebenkosten nicht aufrechnen und auch kein Minderungs- oder Zurückbehaltungsrecht geltend machen“, keinen vollständigen Gewährleistungsausschluss und schließt das Minderungsrecht nicht schlechthin aus, sondern nur dessen Verwirklichung durch Abzug vom geschuldeten Mietzins. Der Mieter wird insoweit in zulässiger Weise auf einen Bereicherungsanspruch verwiesen. In gleicher Weise hat der BGH (NJW-RR 1993, 519) für die Klausel „auf das Recht zur Aufrechnung, Minderung (Herabsetzung des Pachtzinses) und Zurückbehaltung verzichtet der Pächter, soweit dies gesetzlich zulässig ist und soweit nicht mit rechtskräftig festgestellten Forderungen die vorgenannten Rechte geltend gemacht werden“ entschieden. In beiden Entscheidungen hat der BGH darauf abgestellt, dass es dem Mieter (Pächter) nach der Klauselfassung unbenommen bleibt, wegen der ausgeschlossenen Minderung eine gesonderte Klage aufgrund von § 812 BGB zu erheben. Ist er damit rechtskräftig durchgedrungen, ist ihm in der Folge auch gestattet, gegen den Miet-/Pachtzins aufzurechnen oder das Zurückbehaltungsrecht aus § 320 BGB geltend zu machen. Schon diese verbleibende Möglichkeit einer Bereicherungsklage steht der Annahme eines umfassenden Ausschlusses der Gewährleistung entgegen. Diese Grundsätze gelten auch für den streitgegenständlichen Minderungsausschluss. Dieser kann dahingehend ausgelegt werden, dass die Minderung hier nicht endgültig ausgeschlossen sein soll.

Wegen der Zahlungsrückstände des Mieters hatte der Vermieter fristlos gekündigt. Mieter war A. K. persönlich. Das Kündigungsschreiben war jedoch adressiert an die Firma O. GmbH, zu Händen des Geschäftsführers A. K. Der Mieter A. K. hatte deshalb geltend gemacht, die Kündigung sei nicht wirksam, weil sie nicht an ihn (A. K.) sondern an die Firma O. GmbH gerichtet sei, deren Geschäftsführer er ist. Auch mit dieser Argumentation erlitt der Mieter A. K. aber Schiffbruch. Eine gemäß §§ 133, 242 BGB an Treu und Glauben und der Verkehrssitte orientierte Auslegung der Kündigungserklärung führt unter den Umständen des Streitfalls zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Anschrift der GmbH um eine unschädliche Falschbezeichnung handelt und allein der Beklagte A. K. Adressat der Kündigung war. Dem Beklagten war bekannt, dass zwischen der GmbH und der Klägerin keinerlei vertragliche Beziehungen bestanden. Das Kündigungsschreiben ist unter der Anschrift der Firma O. GmbH zu seinen Händen adressiert und nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Kündigungsschreibens wird die Kündigung des Mietverhältnisses ihm gegenüber und nicht gegenüber der von ihm geführten GmbH erklärt. Durch Aufnahme der Vertragsnummer des streitgegenständlichen Mietvertrags in die Kündigungserklärung konnte zudem auch aus Sicht des Beklagten keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass die Klägerin das mit ihm bestehende Mietverhältnis kündigen wollte.