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OLG Koblenz, Beschluss vom 14.04.2015 – 5 U 1483/14 – Der Mieter trägt das Rentabilitätsrisiko


Bei Klagen auf Zahlung rückständigen Mietzinses und Räumungsklagen machen Mieter in nicht seltenen Fällen geltend, ihnen stünden Schadensersatzansprüche zu, weil entgegen vorvertraglicher Zusagen des Vermieters die erhoffte Kundenfrequenz ausblieb und in der Mietsache Verluste erwirtschaftet wurden. In meiner Praxis gibt es keinen einzigen Fall, in dem ein Mieter mit einer derartigen Einlassung Erfolg hatte. Ebenso erfolglos war die entsprechende Argumentation eines Mieters in einem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Koblenz (Beschluss vom 14.04.2015 – 5 U 1483/14), an dem wir nicht beteiligt waren.

Mietgegenstand ist ein Verkaufsstand im Forum Mittelrhein in Koblenz. Am Tage des Mietvertragsabschlusses kam zwischen dem Mieter und der ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG eine weitere Vereinbarung über Werbemaßnahmen zu Stande. Der Mieter zahlte die Mieten für Mai bis August 2013 nicht, insgesamt EUR 7.561,31. Am 18.08.2013 wurde das Mietverhältnis deshalb fristlos gekündigt. Gleichwohl nutzte der Beklagte den Verkaufsstand bis zur Rückgabe am 28.02.2014 weiter. Der Vermieter begehrt deshalb klageweise eine Nutzungsentschädigung von monatlich EUR 1.894,48 für die Monate September bis Dezember 2013. Der Mieter macht geltend, dass ihm beim Vertragsschluss zugesagt worden sei, dass das Forum Mittelrhein stark beworben werde und deshalb mit mehr Kundenzuspruch als im ebenfalls in Koblenz gelegenen Löhr-Center (ebenfalls verwaltet von der ECE) zu rechnen sei. Tatsächlich seien an Samstagen nur 19.000 statt der zu erwartenden 25.000 Besucher im Forum Mittelrhein zu zählen. An auf konkrete Zielgruppen gerichteten Werbemaßnahmen fehle es. Der Vermieter bestreitet demgegenüber, Kundenfrequenzen oder Werbemaßnahmen zugesagt zu haben. Ein Abschluss eines Werbevertrages mit der ECE sei nicht Voraussetzung für den Abschluss des Mietvertrages gewesen. Der Vermieter sei auch nicht konzernrechtlich mit der ECE verbunden.

Das Landgericht Koblenz gab der Zahlungsklage statt. Die Berufung des Mieters war aussichtslos, sie wurde im schriftlichen Verfahren vom Oberlandesgericht Koblenz durch Beschluss zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht Koblenz führt aus, dass der Vermieter keinen Schadensersatz wegen einer unzureichenden Aufklärung über die zu erwartende Kundenfrequenz im Forum Mittelrhein in Koblenz schulde. Ausweislich des zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrags vom 27.07.2012/08.08.2012 war weder Voraussetzung noch Gegenstand des Mietverhältnisses eine bestimmte Kundenfrequenz. Aus Ziff. 25.1. der Allgemeinen Bestimmungen zum Mietvertrag ergibt sich, dass dieser alle zwischen den Parteien vereinbarten Bestimmungen enthält und mündliche Nebenabreden nicht bestehen. Auch gilt für andere Vereinbarungen oder Zusagen das Schriftformerfordernis, das seinerseits nur in Schriftform abgeändert werden kann. Eine schriftliche Zusage hat der Mieter nicht vorlegen können. Es hätte ihm oblegen, bei Mietvertragsabschluss sämtliche ihm wichtigen Voraussetzungen für die Durchführung des Mietverhältnisses vertraglich bindend zu vereinbaren.

Schadensersatzansprüche des Mieters scheitern aber auch an anderen Überlegungen. Dem Mieter war bekannt, dass das Forum Mittelrhein in Koblenz neu eröffnet wurde, mithin keine verlässlichen Erfahrungswerte über die Besucherzahlen vorlagen. Vor diesem Hintergrund ist es lebensfremd, dass dem Beklagten eine bestimmte Kundenfrequenz zugesagt worden sein soll. Soweit Erwartungen geäußert wurden, sind diese erkennbar nicht Vertragsbestandteil geworden. Erst recht ist nichts für eine Garantieübernahme zu sehen. Der Mieter kann auch aus der behaupteten Verletzung des Vertrages über Centerwerbung mit der ECE keine Rechte gegen den Vermieter herleiten. Dies ergibt sich schon aus dem Umstand, dass der Vermieter nicht Vertragspartner des Werbevertrages ist. Die ECE war auch lediglich Vertreter des Vermieters beim Abschluss des Mietvertrages und nicht dessen Erfüllungsgehilfe. Eine vertragliche Gestaltung, die den Miet- und den Werbevertrag als Einheit erscheinen lässt, kann nicht festgestellt werden. Die beiden Verträge nehmen nicht derart aufeinander Bezug, dass der Werbevertrag untrennbar mit dem Mietvertrag verknüpft ist. Dass der Vermieter den Abschluss des Werbevertrages als Voraussetzung für den Abschluss des Mietvertrages gesehen hat, ist vom Mieter nur formelhaft behauptet, nicht aber tauglich unter Beweis gestellt.

Auch ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.07.2000 (XII ZR 176/98) nicht einschlägig. Dort hatte der Vermieter im Mietvertrag die Aufgabe der „Organisation eines objektbezogenen Centermanagements“, wodurch „die Voraussetzungen und Grundlagen für den wirtschaftlichen Erfolg des Objekts geschaffen und gefördert werden“ übernommen. Der Mieter hatte im Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Koblenz nicht dargelegt, dass der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag eine solche Verpflichtung des Vermieters enthält. Auch aus dem weiteren Vortrag und den vorgelegten Unterlagen ließ sich nicht entnehmen, dass der Vermieter eine vergleichbare Garantenstellung übernommen hat. Dem Vertrag betreffend die Centerwerbung ist gleichfalls nicht zu entnehmen, dass eine bestimmte Kundenfrequenz zugesagt wurde. Auch wurde keine zielgerichtete Werbung für die Betätigung der Beklagten, sondern lediglich für die Gesamtheit der Mieter versprochen. Der Mieter hatte im Rechtsstreit auch nicht darlegen können, wann aus seiner Sicht welche Werbemaßnahme vertraglich geschuldet gewesen sein soll und dass ihm aus dem behaupteten Versäumnis ein Schaden entstanden ist. Wie häufig in derartigen Fällen kommt das Oberlandesgericht zum Ergebnis, dass der behauptete Schadensersatzanspruch des Mieters ohne Substanz ist. Der Mieter konnte nicht ansatzweise darlegen, welcher Schaden ihm dadurch entstanden sein soll, dass nicht die angenommenen 25.000 Besucher an einem Samstag zu verzeichnen waren, sondern ca. 19.000 Besucher oder dass bestimmte, nicht näher bezeichnete Werbemaßnahmen unterblieben seien. Der vermeintlich um ein Viertel geminderte Besucherandrang rechtfertigt jedenfalls nicht ohne weiteres die Annahme, dass die Miete als Ganzes nicht zu zahlen ist. Auch liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht vor. Und schließlich waren die Einwendungen des Mieters gegen seine Verpflichtung zur Mietzinszahlung auch deshalb nicht durchgreifend, weil insoweit im Mietvertrag ein Einrede- und Aufrechnungsverbot vereinbart wurde, sofern die Gegenforderungen nicht unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sind.