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BGH, Urteil vom 01.07.2015 – VIII ZR 14/15 – “Eigenbedarf bei Mischmietverhältnissen


Die beklagten Mieter haben ein ehemals landwirtschaftliches Anwesen (ein geräumiges Bauernhaus mit Nebenräumen) vom Kläger angemietet und nutzten das Wohnhaus und die weiteren Nutzflächen teils zu Wohnzwecken und teils gewerblich für ein Ladengeschäft zur Raumausstattung. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs, den er damit begründete, das Mietobjekt seiner 28-jährigen Tochter und der 7-jährigen Enkelin als eigene Wohnung zur Verfügung zu stellen. Nachdem die Mieter nicht geräumt haben, wurde Räumungsklage erhoben. Die Beklagten haben die Einwendung erhoben, dass der Eigenbedarf sich nur auf die Nutzung als Wohnraum erstreckte und nicht zusätzlich auf die gewerblich genutzten Flächen. Der Bundesgerichtshof gibt dem Vermieter Recht.

Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass es sich bei dem Mischmietverhältnis insgesamt um ein Wohnraummietverhältnis handelt, nachdem der Schwerpunkt der Nutzung beim Wohnraum liegt. Daher bedurfte es gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB eines berechtigten Interesses an der Beendigung dieses Mietverhältnisses. Diese Voraussetzung ist bereits dadurch erfüllt, dass die Tochter und deren Kind zwecks Begründung eines eigenen Hausstandes in das Mietobjekt einziehen wollten. Der Eigenbedarf braucht sich nur auf die Wohnräume zu beziehen. Zwar ist ein solches Mischmietverhältnis, welches als ein Wohnraummietverhältnis einzustufen ist, nur in seiner Gesamtheit nach den Kündigungsvorschriften für Wohnraum kündbar. § 573 Abs. 1 BGB besagt aber nicht, dass das für die Kündigung erforderliche berechtigte Interesse an der Beendigung und damit insbesondere ein Eigenbedarf im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB sich auch auf die gewerblich genutzten Räumlichkeiten beziehen muss. Ein mit dieser Vorschrift auf den Mieter von Wohnraum zugeschnittener Schutz schließt nämlich eine gewerbliche Nutzung der Mietsache nicht ein. Die geschäftlich genutzten Räume können grundsätzlich auch unabhängig vom Vorliegen eines berechtigten Interesses gekündigt werden.

Eine andere Sichtweise würde auch dazu führen, dass der Vermieter, der Eigenbedarf an den Wohnräumen geltend machen kann, regelmäßig mit seiner Kündigung aber scheitern würde, da der Personenkreis, der in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB genannt ist regelmäßig keine Möglichkeit zu einer sinnvollen gewerblichen Nachnutzung hat und damit keinen gewerblichen Nutzungsbedarf geltend machen kann. Dieses für Wohnraum zu Gunsten des Mieters eingerichtete hohe Schutzniveau braucht nicht auf die vergleichbar nicht schutzwürdigen Teile des Mietverhältnisses für die geschäftliche Nutzung erstreckt zu werden. Dies würde praktisch zu einem Ausschluss von Eigenbedarfskündigungen führen.