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BAG, Urteil vom 13.05.2015-2 AZR 565/14 – “Betriebliches Eingliederungsmanagement selbst bei Erwerbsunfähigkeit?


Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung vom 13.05.2015 über eine krankheitsbedingte Kündigung entschieden. Der Arbeitgeber hat kein betriebliches Eingliederungsmanagement im Sinne des § 84 Abs. 2 SGB IX durchgeführt. Im Prozess hat er sich darauf berufen, dass dem Arbeitnehmer eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden sei und allein deswegen schon feststand, dass ein Eingliederungsmanagement nicht zum Erfolg führen konnte.

Im Rahmen der Entscheidung hatte das Bundesarbeitsgericht zunächst zu prüfen, ob die langanhaltende Erkrankung des Klägers eine Kündigung rechtfertigen kann. Das Bundesarbeitsgericht führt aus, dass die Feststellung, dass im Zeitpunkt der Kündigung der Rentenbescheid für weitere 23 Monate gegolten habe und der Arbeitnehmer bereits 20 Monate arbeitsunfähig war, für sich allein nicht ausreiche, da der Rentenbescheid an sich nicht den Schluss auf eine bestimmte Mindestdauer der zu erwartenden Arbeitsunfähigkeit zulasse. Ein Rentenbescheid wegen Erwerbsminderung besage nicht aus sich heraus, dass der Leistungsempfänger (dauerhaft) arbeitsunfähig ist, Erwerbsminderung und Arbeitsunfähigkeit seien nicht dasselbe!

Vor diesem Hintergrund hat das Bundesarbeitsgericht auch die Nichtdurchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagement als gewichtig betrachtet. Auch die Rente wegen voller Erwerbsminderung schließe die Sinnhaftigkeit eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht aus, wenn eine Beschäftigung des Arbeitnehmers bis zu drei Arbeitsstunden täglich möglich und zumutbar sei. Dann wäre eine entsprechende Änderungskündigung als milderes Mittel der Beendigungskündigung vorrangig. Da die Arbeitgeberin das betriebliche Eingliederungsmanagement nicht durchgeführt hat, hätte sie selbst zum Fehlen alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten vortragen müssen.

Der entschiedene Sachverhalt ist sicherlich ein besonderer Ausnahmefall, zeigt aber wie wichtig die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements in den Betrieben ist, ohne ein solches lässt sich kaum mehr eine personenbedingte Kündigung auch bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern begründen. Zumindest wirksam angeboten werden muss ein solches betriebliches Eingliederungsmanagement.