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BGH, Urteil vom 10.07.2015 – V ZR 198/14 – “Abänderung der Stimmmehrheiten in der Teilungserklärung”
Nach § 25 Abs. 2 WEG gilt das so genannte Kopfstimmprinzip. Dies bedeutet, dass jeder Eigentümer eine Stimme hat und zwar gleichgültig, über wie viele Miteigentumsanteile oder Wohnungen dieser verfügt. Die Teilungserklärung einer Wohnungseigentümergemeinschaft sah in ihrem § 11 Nr. 4 vor, jeder Wohnungseinheit eine Stimme zu gewähren (so genanntes Objektprinzip). In einer Beschlussanfechtungsklage hat sich der Kläger dagegen gewandt und vertrat die Ansicht, dass das gesetzliche Kopfstimmprinzip gilt, als die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Beschluss nach § 16 Abs. 3 WEG gefasst haben. § 16 Abs. 3 WEG sieht vor, dass durch Stimmenmehrheit beschlossen werden kann, die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums, die nicht unmittelbar gegenüber Dritten abgerechnet werden und die Kosten der Verwaltung nach Verbrauch oder Verursachung (im Gegensatz zu dem gesetzlichen Maßstab der Miteigentumsanteile, § 16 Abs. 2 WEG) zu erfassen und nach diesem oder auch nach einem anderen Maßstab zu verteilen.
Der Bundesgerichtshof bejaht die umstrittene Frage, ob das so genannte Objektprinzip auch im Anwendungsbereich des § 16 Abs. 3 WEG gilt. Denn § 16 Abs. 3 WEG ordnet lediglich die Geltung eines Mehrheitsprinzips an, schreibt jedoch nicht vor, wie die Mehrheit zu bestimmen ist. Die Frage der Stimmkraft beantwortet vielmehr das Gesetz an einer anderen Stelle, nämlich in § 25 Abs. 2 WEG mit der Anordnung des Kopfprinzips. Wenn das Gesetz zwingende Vorgaben zur Stimmkraft vorschreibt (wie z.B. § 16 Abs. 4 und oder § 22 Abs. 2 WEG dies vorsehen), wird dies im Gesetzestext hervorgehoben. Im § 16 Abs. 3 WEG gibt es eine derartige Hervorhebung nicht. Vielmehr ist in dieser Vorschrift keine Regelung zur Stimmkraft enthalten. Nachdem § 25 Abs. 2 WEG abdingbar ist, gilt das in der Teilungserklärung angeordnete Objektprinzip auch im Anwendungsbereich von § 16 Abs. 3 WEG. Denn dem Kopfprinzip wird kein überragender Gerechtigkeitsgehalt beigemessen. Der Wohnungseigentümer, der sich gegen einen Beschluss nach § 16 Abs. 3 WEG wehren will, kann immer noch eine Beschlussanfechtungsklage erheben und sich insbesondere unter dem Blickwinkel der Willkür, des Rechtsmissbrauchs oder einer unbilligen Benachteiligung Einzelner zur Wehr setzen.