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OLG Jena, Beschluss vom 12.10.2015 – 6 W 364/15 – “Bei überschuldeten Nachlass ist sofortiges Handeln erforderlich!”
Nach dem Erbfall hat der Erbe 6 Wochen Zeit, die Erbschaft auszuschlagen (§ 1944 BGB). Wird die Frist verpasst, gilt die Erbschaft als angenommen. D.h. der Erbe sollte nach dem Erbfall unmittelbar prüfen, ob gegebenenfalls der Nachlass überschuldet ist und bejahendenfalls die Erbschaft schnellstmöglich ausschlagen. Stellt der Erbe erst nach Ablauf der Ausschlagungsfrist eine Überschuldung des Nachlasses fest, besteht aber die Möglichkeit, die Annahme der Erbschaft gemäß § 1956 BGB anzufechten. Auch die Anfechtung kann aber nur innerhalb von 6 Wochen erfolgen. Die Frist zur Anfechtung beginnt in einem solchen Fall nach § 1954 Abs. 2 BGB mit Kenntnis des Anfechtungsgrundes. Das heißt sobald der Erbe Überschuldung des Nachlasses feststellt, sollte er umgehend tätig werden, um den Zugriff von Gläubigern des Erblassers auch auf sein eigenes Vermögen, mit dem er bei Annahme der Erbschaft haftet, zu verhindern.
Nach einer aktuellen Entscheidung des OLG Jena vom 12.10.2015 (6 W 364/15) gibt es bei Versäumung der Anfechtungsfrist nicht die Möglichkeit der Wiedereinsetzung, die das Gesetz an anderer Stelle vorsieht. Es spielt also keine Rolle, ob die Frist schuldhaft versäumt wurde, da es sich bei der Anfechtungsfrist um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist handelt, die nicht verlängert werden kann. Die Vorschriften zur Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand betreffen nur das gerichtliche Verfahren und nicht das materielle Recht, weswegen eine solche bei Versäumung der Anfechtungsfrist nicht in Betracht kommt.
Bei Überschuldung des Nachlasses ist also grundsätzlich Eile geboten. Hat der Erbe sowohl die Frist zur Ausschlagung, als auch die Frist zur Anfechtung der Erbschaftsannahme verstreichen lassen, bleibt ihm nur die Möglichkeit, über die Nachlassinsolvenz oder die Dürftigkeitseinrede zu versuchen, die Haftung zu beschränken.