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 Arbeitsrechtliche Folgen der Vorlage von gefälschten Impfpässen und Impfunfähigkeitsattesten


Zwar ist die Hochphase der Corona-Pandemie (möglicherweise) vorbei und greift aktuell auch nicht mehr die im Winter 2021/2022 geltende sogenannte 3G-Pflicht am Arbeitsplatz, die arbeitsrechtliche (und strafrechtliche) Aufarbeitung dieser Phase ist aber noch in vollem Gange und es ist auch nicht ausgeschlossen, dass ähnliche Anforderungen auch im folgenden Winter kommen. Im Gesundheitswesen gibt es weiterhin Anforderungen, die von den Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu beachten sind (z.B. das Erfordernis einer dritten Auffrischungsimpfung in den von § 20a IfSG erfassten Bereichen des Gesundheitswesens).

Ungeachtet der hier nicht näher betrachteten strafrechtlichen Konsequenzen der Fälschung von Impfpässe, haben die Arbeitsgerichte verschiedene Fallgruppen hierzu zu behandeln gehabt.

  1. Sofern und soweit es keine gesetzlichen Vorschriften gibt, kann der Arbeitgeber nicht im Rahmen des Weisungsrechts eine Impfpflicht durchsetzen.
  2. Ob der Arbeitgeber die verpflichtende Teilnahme an Coronatests vorschreiben kann, auch nur für einen Teil der Arbeitnehmer (z.B. nicht geimpfte/immunisierte Beschäftigte) ist umstritten. In mitbestimmten Betrieben ist in jedem Fall das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG zu beachten. Im Hinblick auf die niedrige Eingriffsintensität der Tests, die – abhängig von der Ausprägung – kaum mehr als Eingriff in die körperliche Unversehrtheit angesehen werden können, wird man den Schwerpunkt der Abwägung auf die Arbeitgeberseite legen müssen und die konkreten Risikosituationen im Betrieb prüfen und bewerten müssen. Gibt es eine besonders hohe Risikolage, wird das Interesse des Arbeitgebers, seine Verpflichtung, die Gesundheit der Belegschaft zu schützen und auch an einem geordneten Betriebsablauf mit möglichst wenigen Erkrankungen wohl als überwiegend betrachten können, sodass eine vom Arbeitgeber angeordnete Testpflicht wohl rechtlich durchsetzbar ist.

          Zum Teil hat die Rechtsprechung allerdings einen konkreten Corona-(Verdachts-) Fall als Voraussetzung für die Anordnung solcher Tests gefordert.

  1. Die bislang mit den nach Vorlage eines gefälschten Impfpasses ausgesprochenen Kündigungen befassten Arbeitsgerichte haben in der Regel einen für eine fristlose Kündigung geeigneten Grund angenommen, wenn ein Arbeitnehmer einen gefälschten Impfausweis vorgelegt hat. Dies galt zumindest in den Konstellationen, in dem sich der Arbeitnehmer unter Vorspiegelung eines nicht vorhandenen Impfschutzes Zutritt zu Pflegeeinrichtungen verschafft hat oder durch die Vorlage gefälschter Zertifikate die Nachweispflicht des im letzten Winter geltenden § 28b Abs. 1 S. 1 IfSG zu umgehen versuchte.

Die Vorlage eines gefälschten Zertifikats außerhalb einer bestehenden gesetzlichen Verpflichtung ist insoweit möglicherweise etwas anders zu beurteilen, als die Täuschung sich nicht mehr auf die  Einhaltung einer gesetzlichen Vorschrift bezieht, aber gleichwohl eine Verletzung der auch den Arbeitnehmer treffenden Rücksichtnahmepflichten darstellt. Sofern und soweit also eine abstrakte Gefahr für Dritte bestand, wird auch hier die Täuschungshandlung einen wichtigen Grund darstellen. Ebenso wie die Vortäuschung einer nicht bestehenden Arbeitsunfähigkeit ist auch diese Täuschung über das Vorliegen eines echten Impfnachweises – wobei der Einzelfall bewertet werden muss – grundsätzlich geeignet, das Vertrauen des Arbeitgebers in den Beschäftigten schwerwiegend zu zerstören.

  1. Neben der Eignung für eine Kündigung an sich, muss sich das Verhalten auch auf der Ebene der Interessenabwägung als so schwerwiegend darstellen, dass kein milderes Mittel (Abmahnung) geeignet ist, als zutreffende Sanktion angesehen zu werden. Hierbei wird man verschiedene Aspekte zu berücksichtigen haben

–        die potentielle kriminelle Energie des Beschäftigten

–        die Häufigkeit der Pflichtverletzungen

–        die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb (Vorgesetzter/Vorbildfunktion?)

–        die abstrakten Risiken und Gefahren für andere Beschäftigte

–        die Motivationslage und das Verhalten im Nachgang zur enttarnten Pflichtverletzung

–        außerhalb zwingender gesetzlicher Vorgaben auch die Rechtmäßigkeit einer individuellen oder betrieblich eingeführten Vorlagepflicht.

Obergerichtlich entschieden sind die Konstellationen nicht, soweit bislang ersichtlich, gehen die meisten Arbeitsgerichte allerdings von einer Rechtmäßigkeit einer auf die Vorlage eines fehlerhaften Impfzertifikats gestützten fristlosen Kündigung aus.