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BGH, Urteil vom 25.09.2015 – V ZR 203/14 – “Anforderungen an eine Beschlussprotokollierung


Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft, wobei die Beklagte zu 1 die Mehrheit der Miteigentumsanteile auf sich vereinigt und auch Verwalterin der Gemeinschaft ist. In der Teilungserklärung ist festgelegt, dass die Wohnungseigentümerversammlung beschlussfähig ist, wenn mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten sind. Des Weiteren regelt diese, dass zur Gültigkeit eines Beschlusses die Protokollierung erforderlich ist und das Protokoll vom Verwalter und von zwei von der Eigentümerversammlung bestimmten Wohnungseigentümern zu unterzeichnen ist.

Am 16.08.2011 fand eine Eigentümerversammlung statt, wobei in der Versammlung nur die Beklagte zu 1 als Mehrheitseigentümerin und Verwalterin anwesend war. Daher unterschrieb sie das Protokoll allein. Dagegen wurde eine Beschlussmängelklage durch die Kläger eingereicht und die Ungültigerklärung mehrerer in der Versammlung gefasster Beschlüsse beantragt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes ist der Bundesgerichtshof der Ansicht, dass die in der Eigentümerversammlung vom 16.08.2011 gefassten Beschlüsse nicht bereits deshalb ungültig sind, weil das Protokoll nur von der Beklagten zu 1 als Verwalterin und Mehrheitseigentümerin nicht aber von zwei von der Eigentümerversammlung bestimmten Wohnungseigentümern unterzeichnet worden ist. Die in der Teilungserklärung enthaltene so genannte qualifizierte Protokollierungsklausel ist wegen des berechtigten Interesses der Wohnungseigentümer an einer effektiven Kontrolle und an der sicheren Feststellung der gefassten Beschlüsse wirksam. Sie bezweckt, dass das Protokoll – zusätzlich zu der Unterschrift des Verwalters – von zwei Personen unabhängig voneinander gelesen und auf seine Vollständigkeit und inhaltliche Richtigkeit hin überprüft wird und so Fehler eher auffallen. Der Zweck wäre verfehlt, wenn bei der Unterzeichnung des Protokolls eine Vertretung von mehreren Wohnungseigentümern durch eine einzige natürliche Person möglich wäre. Daher muss das Protokoll von zwei verschiedenen natürlichen Personen unterzeichnet werden, die entweder selbst Wohnungseigentümer sind oder für sich oder andere Wohnungseigentümer handeln.

Etwas anderes gilt dann, wenn in der Versammlung nur eine Person anwesend ist, die zugleich als Mehrheitseigentümerin und Verwalterin fungiert. Denn dies ergibt sich aus der ergänzenden Auslegung der Teilungserklärung. An die im Streit stehende Konstellation wurde bei der Errichtung der Teilungserklärung nicht gedacht, so dass eine planwidrige Unvollständigkeit vorliegt. Vielmehr setzt die Teilungserklärung voraus, dass in der Versammlung neben dem Verwalter mindestens zwei Wohnungseigentümer anwesend sind. Eine Unterschriftsleistung durch diese Personen kann nur erfolgen, wenn diese Personen auch an der Versammlung teilgenommen haben. Nach dem hypothetischen Willen des teilenden Eigentümers ist darauf abzustellen, welche Regelung er bei einer angemessenen Abwägung der berührten Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise getroffen hätte, wenn er an den Fall gedacht hätte. Nachdem die Teilungserklärung regelt, dass die Eigentümerversammlung beschlussfähig sein soll, wenn mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile in der Versammlung vertreten sind, würde das Erfordernis der Unterschriftsleistung von zwei von der Eigentümerversammlung zu bestimmenden Wohnungseigentümern eine weitere, faktische Voraussetzung für die Beschlussfähigkeit der Versammlung schaffen, nachdem vorliegend bereits ein Eigentümer über mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile verfügt. Dies stünde mit der ausdrücklichen und als abschließend zu verstehenden Regelung zur Beschlussfähigkeit nicht im Einklang. Auch aus dem Zweck der Protokollierung ist nichts anderes abzuleiten. Diese soll eine Gewähr dafür schaffen, dass das im Protokoll Niedergelegte dem tatsächlichen Ablauf der Versammlung entspricht. Wenn mehrere Personen unabhängig voneinander die Richtigkeit des Protokolls bestätigen, wird die Richtigkeitsgewähr erhöht. Wenn aber neben dem Verwalter nicht zusätzlich zwei weitere Wohnungseigentümer in der Versammlung anwesend sind, ist es sinnwidrig, weitere Unterschriften zu verlangen. Denn mangels Anwesenheit in der Versammlung und eigener Anschauung könnten die Wohnungseigentümer den Ablauf der Versammlung nicht bestätigen. Demnach war die Unterschriftsleistung der Beklagten zu 1 als Verwalterin und Mehrheitseigentümerin genügend, weil andere Wohnungseigentümer nicht anwesend waren.

Im Ergebnis konnten aus diesem Grund allein die Beschlüsse nicht aufgehoben werden. Die Sache wurde an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit sich dieses mit den weiteren von den Klägern erhobenen Anfechtungsgründen befassen konnte.