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BGH, Urteil vom 05.12.2014 – V ZR 5/14 – “Wann darf der Wohnungseigentümer klagen?


Störungen des gemeinschaftlichen Eigentums beschäftigen oft die Gerichte. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes konnte sich mit der bislang umstrittenen Frage befassen, unter welchen Voraussetzungen einzelne Wohnungseigentümer verlangen können, dass Störungen des gemeinschaftlichen Eigentums unterbleiben.

Die Parteien des Rechtsstreits sind Mitglieder derselben Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Wohnung des beklagten Eigentümers wurde Prostitution gewerblich ausgeübt. Am 14.05.2011 fassten die Eigentümer mehrheitlich einen Beschluss, wonach der Verband (und damit die Wohnungseigentümergemeinschaft) die den Wohnungseigentümern aus ihrem Eigentum zustehenden Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche wegen der gewerbsmäßigen Prostitution im Objekt geltend macht und die Verwaltung beauftragt wird, einen Rechtsanwalt mit der gerichtlichen Durchsetzung der Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche zu den üblichen Rechtsanwaltsgebühren einzuschalten.

Der klagende Wohnungseigentümer verlangt von dem beklagten Eigentümer, der die gewerbliche Prostitution in seiner Wohnung ausübt, diese Tätigkeit zu unterlassen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ging zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit dieser Klage noch nicht gegen den beklagten Eigentümer vor. Das Amtsgericht und Landgericht haben die Klage als unzulässig angesehen. Der Bundesgerichtshof bestätigt diese Auffassung. Zwar stehen die Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche im Grundsatz den einzelnen Wohnungseigentümern zu und können daher von diesen gerichtlich geltend gemacht werden. Diese Ansprüche sind jedoch gemeinschaftsbezogen. Die Wohnungseigentümer sind daher befugt, einen Beschluss dahingehend zu fassen, dass diese Ansprüche gemeinschaftlich geltend gemacht werden sollen. Durch diesen Beschluss wird die alleinige Zuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft begründet, die die einzelnen Wohnungseigentümer von der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruches ausschließt. Entscheidend für diese Sichtweise spricht, dass die Ausübungsbefugnis des Verbandes dem Willen der Mehrheit entspricht. Die Unterlassungsansprüche können auf unterschiedliche Weise durchgesetzt werden, etwa indem beispielsweise nur die Einhaltung bestimmter Auflagen verlangt wird. Dies schützt den Schuldner vor mehrfacher Inanspruchnahme mit möglicherweise unterschiedlicher Zielsetzung. Wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft den Beschluss nicht umsetzt, kann ein einzelner Wohnungseigentümer im Innenverhältnis verlangen, dass Klage eingereicht wird. Der Wohnungseigentümer kann die Klage nur dann nach einer Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft erheben, wenn die Störung sein Sondereigentum unmittelbar beeinträchtigt.

Nachdem demnach die Wohnungseigentümergemeinschaft die ursprünglich dem Wohnungseigentümer zustehenden Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung an sich gezogen hat, war die Klage des Wohnungseigentümers unzulässig.

Bevor ein Wohnungseigentümer demnach Klage gegen die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Beseitigung einer Störung und/oder Unterlassung einreicht, wird er zunächst überprüfen müssen, ob möglicherweise die Gemeinschaft diese Ansprüche bereits an sich gezogen hat, um keine unzulässige und damit abzuweisende Klage gegen den Störer zu erheben.