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OLG Hamburg, Beschluss vom 18.04.2019 – 2 W 4/19 – “Zur Entlassung eines Testamentsvollstreckers


Das OLG Hamburg hatte mit einem erst jetzt veröffentlichten Beschluss vom 18.04.2019 (2 W 4/19) darüber zu entscheiden, wann ein Testamentsvollstrecker aus seinem Amt entlassen werden kann. Dies ist nach § 2227 BGB dann der Fall, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, insbesondere eine grobe Pflichtverletzung durch den Testamentsvollstrecker oder die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung. Im Streitfall war der von der Erblasserin eingesetzte Testamentsvollstrecker mehrfach wegen Betrugs verurteilt worden und zudem wurde über sein Vermögen auch ein Insolvenzverfahren eröffnet, in welchem sich herausgestellt hat, dass der Testamentsvollstrecker für die von ihm geleitete GmbH faktisch keinerlei Buchhaltungs- oder Buchführungsunterlagen geführt hat, weder Bilanzen und Steuererklärungen beim Finanzamt eingereicht und in erheblichem Umfang Steuerschulden angehäuft hat. Er hat darüber hinaus den Insolvenzantrag nicht selbst gestellt und ist auch seinen Mitwirkungspflichten im Insolvenzverfahren nur unzureichend nachgekommen. Der Testamentsvollstrecker hatte ca. 7 Stunden nach dem Tod der Erblasserin mithilfe einer Generalvollmacht vom Konto der Erblasserin einen Betrag in Höhe von EUR 11.500,00 abgehoben.

Das OLG Hamburg hat zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen für die Entlassung des Testamentsvollstreckers vorliegen. Dies überrascht angesichts der massiven Vorwürfe nicht. Interessant ist die Entscheidung insbesondere deshalb, weil der Erblasserin die Verurteilung wegen der Vermögensdelikte und auch die Umstände im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren bekannt waren. Es ist grundsätzlich anerkannt, dass dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Erblassers bei der Beurteilung der Frage, ob ein wichtiger Entlassungsgrund gemäß § 2227 BGB vorliegt eine gewisse Bedeutung zukommt, was zum Beispiel dazu führt, dass der Erblasser einen Miterben zum Testamentsvollstrecker bestimmen kann, obwohl Interessenkonflikte in diesem Fall vorhersehbar sind. Die Berücksichtigung des Erblasserwillens findet jedoch ihre Grenze jedenfalls in den für den Erblasser nicht abdingbaren Pflichten des Testamentsvollstreckers zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses, zur Erstellung des Nachlassverzeichnisses und zur Rechnungslegung gegenüber den Erben. Dieser Gedanke steht daher der bewussten Einsetzung eines ungeeigneten Testamentsvollstreckers entgegen, weswegen unabhängig von der Kenntnis der Erblasserin der Testamentsvollstrecker entlassen wurde, zumal vorliegend ja auch noch der Umstand hinzu kam, dass unmittelbar nach dem Tod der Erblasserin ein erheblicher Betrag vom Konto abgehoben wurde.

Die Entscheidung zeigt zum einen, dass sich Erblasser insbesondere bei der Errichtung einer Verfügung von Todes wegen genaue Gedanken über die Person, die sie als Testamentsvollstrecker benennen, machen sollten. Aber auch danach noch sollte sich ein Erblasser regelmäßig prüfen, ob die von ihm eingesetzte Person weiterhin geeignet ist und andernfalls Änderungen vornehmen. Zum anderen zeigt die Entscheidung aber auch, dass Erben nicht gänzlich rechtlos sind und in Fällen, in denen ein erkennbar ungeeigneter Testamentsvollstrecker eingesetzt ist, dessen Entlassung beantragen können. Auch wenn das OLG Hamburg im vorliegenden Fall unterstellt hat, dass die Erblasserin Kenntnis von den Verfehlungen hatte, dürfte sich die Frage stellen, ob sie tatsächlich über sämtliche Einzelheiten informiert war und es tatsächlich ihrem Willen entsprach, die offensichtlich ungeeignete Person damit zu betrauen, ihren Nachlass zu verwalten.