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OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.03.2020 – 8 W 104/19 – “Widerruf der Einsetzung eines Erben durch Streichung im Testament“
Wird der in einem privatschriftlichen Testament eingesetzte Alleinerbe vom Erblasser durchgestrichen, führt dies nach einer Entscheidung des OLG Stuttgart (Beschluss vom 25.03.2020 – 8 W 104/19) zum Eintritt der gesetzlichen Erbfolge. In dem Streitfall hatte die Erblasserin ein Testament errichtet, in welchem ein Verein als Erbe eingesetzt wurde. Später wurde der Name des Vereins von der Erblasserin aus dem Testament gestrichen mit der handschriftlichen Ergänzung „wird noch genannt. 01.12.06“. Die Schwester der Erblasserin als nächste Verwandte beantragte beim Nachlassgericht einen Erbschein und der im Testament benannte Verein ist dem mit dem Argument entgegengetreten, die Streichung sei unwirksam, weil sowohl das Datum und die Unterschrift der Erblasserin als auch der Ort der Streichung nicht im Testament auftauchten und daher das ursprüngliche Testament gültig geblieben sei.
Tatsächlich kann der Erblasser nach der Testamentserrichtung eigenhändig Ergänzungen oder Streichungen vornehmen. Nur etwaige Zusätze oder Nachträge müssen in der Form des § 2247 BGB entsprechen und also vom Erblasser eigenhändig geschrieben und unterschrieben werden. Bloße Streichungen sind allerdings formlos möglich, wenn sie sich nur auf den Widerruf des Gestrichenen beschränken. Die Einhaltung der Formvorschriften ist nur dann erforderlich, wenn die Streichung nicht nur negativ wirken soll sondern indirekt eine positive Verfügung des Erblassers enthält.
Im streitgegenständlichen Fall hat das OLG Stuttgart entschieden, dass ein wirksamer Widerruf durch das Streichen des Namens des Vereins vorliegt. Nachdem trotz der Ankündigung mit den Worten „wird noch genannt“ kein neuer Erbe benannt wurde, ist die gesetzliche Erbfolge eingetreten, sodass also die Schwester Alleinerbin der Erblasserin ist. Anhaltspunkte dafür, dass der Widerruf der Einsetzung des Vereins entfallen soll, wenn trotz der Ankündigung kein neuer Erbe eingesetzt wird, ergaben sich aus dem Testament nicht.
Unabhängig davon, dass Streichungen in der Regel auch formlos möglich sind, empfiehlt es sich gleichwohl, dass auch in diesem Fall der Erblasser neben der Streichung Ort und Datum angibt und zusätzlich unterschreibt oder gleich einen Nachtrag zu dem Testament formuliert.