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Kammergericht, Urteil vom 01.12.2022, 8 U 50/21 – “Wartungskosten müssen nach oben begrenzt werden“
Mit einem von uns erstrittenen Urteil vom 01.12.2022, 8 U 50/21, hat das Kammergericht Berlin entschieden, dass die Kosten der Wartung von Gemeinschaftsanlagen in einem Einkaufszentrum nur dann wirksam einem Mieter anteilig überbürdet sind, wenn dieser durch eine Kostenobergrenze geschützt wird. Hierbei genügt es nicht, nur die Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung zu „deckeln“. Vielmehr müssen auch die Kosten der Wartung in die Kostenobergrenze einbezogen werden.
Eine formularmäßige Bestimmung, wonach der Mieter in einem Einkaufszentrum unter anderem die Wartungs- und Instandhaltungskosten für „alle technischen Einrichtungen (zum Beispiel Telefonzentrale, Musikübertragungsanlage, Blumen und Pflanzen etc.) einschließlich Außenanlagen und Parkplätzen“ zu tragen habe, stellt eine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar, weil ihm dadurch ohne Begrenzung der Höhe nach die Kosten der Erhaltung des gesamten Einkaufszentrums und seiner Gemeinschaftsanlagen aufgebürdet werden (BGH, Urteil vom 26.09.2012, XII ZR 112/10; BGH, Urteil vom 06.04.2005, XII ZR 158/01, NZM 2005, 863, 865). Aus diesem Grunde sind Wartungskosten für Gemeinschaftseinrichtungen und Allgemeinflächen nur dann wirksam einem Mieter überbürdet, wenn dieser durch eine Kostenobergrenze vor einer nicht kalkulierbaren, uferlosen Kostenlast geschützt wird. Hierbei reicht es nicht aus, wenn im Mietvertrag geregelt wird, dass die Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung nach oben begrenzt sind. Vielmehr müssen auch die Wartungskosten in die Kostenobergrenze einbezogen werden. Auch kann die Kostenobergrenze für die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung nicht in dem Sinne ausgelegt werden, dass darunter auch die Wartungskosten fielen, denn der Begriff „Instandhaltung und Instandsetzung“ ist kein Oberbegriff, der auch Wartungen umfasst. Vielmehr handelt es sich um unterschiedliche Kostenpositionen. Das folgt – trotz Abgrenzungsschwierigkeiten – daraus, dass einzelne Wartungskosten in der Betriebskostenverordnung als Unterfall von Wartungskosten aufgeführt sind.
Keinen Erfolg hatte der Vermieter auch mit der Argumentation, der vom Bundesgerichtshof geforderte Schutz des Mieters werde allein schon deswegen gewährleistet, weil der Vermieter das Wirtschaftlichkeitsgebot beachten müsse. Das Kammergericht führt zutreffend aus, dass das ohnehin zu beachtende Wirtschaftlichkeitsgebot keine Kostenbegrenzung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darstellt. Diese muss vielmehr für die Wirksamkeit der Klausel vertraglich vereinbart werden.
Für unwirksam angesehen hat das Kammergericht auch eine Klausel, mit der die Mieter verpflichtet wurden, die Kosten für die Unterhaltung und den Ersatz der Werbe- und Hinweisbeschilderung innerhalb und außerhalb des Einkaufszentrums anteilig zu tragen. Eine derartige Klausel ist nach Auffassung des Kammergerichts intransparent. Ein Mieter ist zur Übernahme weiterer Kosten neben der Miete nur verpflichtet, wenn insoweit eine ausdrückliche und inhaltlich bestimmte Vereinbarung geschlossen wird. Nur dann ist es dem Mieter möglich, sich ein grobes Bild davon zu machen, welche zusätzlichen Kosten auf ihn zukommen können (BGH, Urteil vom 06.04.2005, XII ZR 158/01). Das Kammergericht sieht eine Parallele zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 02.07.2006, XII ZR 39/04, mit dem der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass eine Klausel gegen das Transparenzgebot verstößt, mit der die Mieter verpflichtet werden, einer Werbegemeinschaft beizutreten, wenn in der Klausel zur Höhe der Beiträge zur Werbegemeinschaft nur bestimmt wird, dass sie gemäß den Flächen abgerechnet werden. Dies genügt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs dem Transparenzgebot genauso wenig wie der Umstand, dass die Werbegemeinschaft nach Treu und Glauben den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit beachten muss, weil auch dadurch die dem Mieter entstehenden Kosten nicht kalkulierbar werden. Vielmehr muss die Höhe der Beiträge zur Werbegemeinschaft bestimmbar sein, z.B. durch einen bestimmten Prozentsatz der Miete, mindestens jedoch muss eine Höchstgrenze festgeschrieben werden (BGH, Urteil vom 12.07.2006, XII ZR 39/04). Entsprechendes gilt nach Auffassung des Kammergerichts, wenn der Mieter bereits im Mietvertrag formularmäßig die anteilige Kostentragungspflicht hinsichtlich der Kosten für die Unterhaltung und den Ersatz von Werbe- und Hinweisbeschilderung auferlegt wird, ohne dass dem Mieter die dadurch entstehenden Kosten kalkulierbar sind. Erst recht sind nach Auffassung des Kammergerichts die dem Mieter entstehenden Kosten nicht kalkulierbar und verstößt die mietvertragliche Formularklausel gegen das Transparenzgebot, weil sie dem Mieter Kosten für die Werbe- und Hinweisbeschilderung auch außerhalb des Gebäudes auferlegt, ohne dass bestimmt wird, in welchem Radius außerhalb des Gebäudes die Werbe- und Hinweisbeschilderung erfolgt. Insoweit ist für den Mieter in keiner Weise die Höhe der auf ihn zukommenden Kosten für die Anbringung und Unterhaltung derartiger Werbe- und Hinweisschilder vorhersehbar, weil diese letztlich in der ganzen Stadt oder im ganzen Bundesgebiet und in jeglichem Ausmaß angebracht und aufgestellt werden könnten. Schließlich kommt es auch nicht in Betracht, die Klausel zur Übertragung der Kosten für Werbe- und Hinweisbeschilderung mit einem zulässigen Inhalt aufrechtzuerhalten. Dem steht das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion entgegen (BGH, Urteil vom 26.09.2012, XII ZR 112/10).