Project Description

BGH, Beschluss vom 11.06.2015 VII ZR 200/14, OLG Dresden, Urteil vom 16.07.2014-1 O 600/12 Wann liegt ein wesentlicher Mangel vor? Abzug neu für alt bei verzögerter Mangelbeseitigung?


Das Oberlandesgericht Dresden hat in seinem Urteil vom 16.07.2014 (bestätigt durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den Bundesgerichtshof am 11.06.2015) Ausführungen zu zwei regelmäßig vorkommenden Problembereichen getätigt:

Es ging um Risse in einem Gebäude. Zur Frage der Wesentlichkeit eines Mangels, eine ganz entscheidende Abgrenzung, hat das Oberlandesgericht, das im entschiedenen Fall sowohl Mängel als wesentlich wie als unwesentlich eingestuft hat, folgende Kriterien herangezogen:

„Der wesentliche Mangel hat zwei Merkmale, ein objektives und ein subjektives. Das objektive Merkmal ist die allgemeine Verkehrsauffassung darüber, ob der vorliegende Mangel unter Zugrundelegung des Vertragszwecks als empfindlich und deswegen als beachtlich anzusehen ist. Die Abgrenzung dazu ist eine nur unbedeutende Abweichung von dem vertraglichen Leistungsziel. Bei dem subjektiven Merkmal ist das spezielle Interesse des Auftraggebers an einer vertragsgerechten Leistung in Betracht zu ziehen.“

Im konkreten Fall stellte das Oberlandesgericht Dresden darauf ab, dass die hier vorliegenden Risse die Gebrauchsfähigkeit der Bauleistung beeinträchtigen, weil Merkmale vorliegen, die den Wert oder die Tauglichkeit der Leistung zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben. Eine Sanierung sei erforderlich, der Mangel wesentlich.

Die ausführende Bauunternehmung hatte im Verfahren dann auch eingewandt, dass ein Abzug „neu für alt“ vorzunehmen sei, da der Bauherr z.B. durch die nach Mangelsanierung durchzuführenden Malerarbeiten einen Vorteil erhält. Hierzu führte das Oberlandesgericht Dresden aus:

„Der Anspruch des Auftraggebers auf eine neue und mangelfreie Werkleistung darf nicht dadurch geschmälert werden, dass der Auftragnehmer trotz ständiger Mängelrügen seiner Vertragspflicht nicht nachkommt…Vorliegend ist mithin für die Malerkosten kein Abzug wegen der verlängerten Lebensdauer vorzunehmen, denn diese beruht auf einer verspäteten Nacherfüllung. Eine verspätete Nacherfüllung, die dazu führt, dass das Werk infolge dessen eine längere Lebensdauer aufweist, muss sich der Besteller nicht anrechnen lassen, da er sich auf der anderen Seite während des Ausbleibens der Nacherfüllung mit einem mangelhaften Werk begnügen musste.“