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OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 15.4.2011 – 2 U 192/10 – „Verwertung der Kaution nach Veräußerung des Mietobjekts”


Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat am 15.4.2011 ein interessantes Urteil (Az. 2 U 192/10) zur Problematik der Verwertung einer Kaution nach Veräußerung des Mietobjekts verkündet.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Mieter leistet an den Vermieter eine Barkaution. Der Mieter kommt mit Zahlungen in Höhe der Kaution in Rückstand. Der Vermieter verkauft das Grundstück. Der Erwerber tritt mit Eintragung im Grundbuch kraft Gesetzes (§ 566 BGB: Kauf bricht nicht Miete) in das Mietverhältnis ein. Die Kaution verbleibt bei dem alten Vermieter. Auch gegenüber dem neuen Vermieter kommt der Mieter mit Zahlungen in Höhe der Barkaution in Verzug. Das Mietverhältnis endet. Die Forderungen des alten Vermieters gegen den Mieter werden durch ein Urteil tituliert. Der alte Vermieter erklärt mit seinen titulierten Forderungen Aufrechnung gegen die Forderung des Mieters auf Rückzahlung der Kaution. Auch der neue Vermieter erhebt Klage gegen den Mieter. Dieser rechnet mit seinem behaupteten Anspruch auf Rückzahlung der Kaution gegenüber dem neuen Vermieter auf.

Das Landgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 23.7.2010 die Klage des neuen Vermieters abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Zahlungsanspruch des neuen Vermieters habe zwar zunächst bestanden, er sei aber durch die Aufrechnung des Mieters mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution erloschen. Eine entsprechende Gegenforderung des Mieters habe bestanden. Diese sei auch nicht durch die Aufrechnungserklärung des alten Vermieters erloschen. Denn zu diesem Zeitpunkt habe ein Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen dem alten Vermieter und dem Mieter nicht mehr bestanden, da der alte Vermieter nicht mehr Schuldner der Forderung des Mieters auf Rückzahlung der Kaution gewesen sei. Dies sei vielmehr seit der Veräußerung des Mietobjekts der neue Vermieter gewesen, da er in die Rechte und Pflichten bezüglich der vom Mieter geleisteten Kaution eingetreten sei.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main teilt die Rechtsauffassung des Landgerichts nicht und gibt der Klage statt. Zur Begründung führt das Oberlandesgericht im Wesentlichen aus:

Zwar ist der Erwerber eines Mietobjekts nach Ende des Mietverhältnisses zur Rückgewähr der Sicherheit an den Mieter unabhängig davon verpflichtet, ob er die Sicherheit vom Vorvermieter tatsächlich erhalten hat (§ 566 a BGB). Dies gilt aber nur insoweit, wie der Vorvermieter seinerseits die Mietkaution noch nicht in berechtigter Weise in Anspruch genommen hat. Maßgebender Zeitpunkt hierfür ist nicht notwendig der Zeitpunkt des Übergangs des Eigentums an dem Mietobjekt auf den Erwerber, sondern gegebenenfalls ein späterer Zeitpunkt der Übertragung der Mietsicherheit auf diesen. Im Falle der Leistung einer Barkaution erfolgt kein unmittelbarer Rechtsübergang, vielmehr hat der Erwerber gegen den Veräußerer einen Anspruch auf Auszahlung des Betrages.

Der alter Vermieter konnte im zu entscheidenden Fall die Kaution auch dann noch zur Deckung seiner rechtskräftig festgestellten Forderung verwerten, wenn er das Mietobjekt bereits veräußert und übereignet hat, sofern sich die Kaution noch in seinem Vermögen befindet. Sinn und Zweck des gesetzlich in § 566 a BGB bestimmten Eintritts des Erwerbers in die Pflichten gegenüber dem Mieter, welche durch die Leistung der Sicherheit begründet wurden, ist der Schutz des Mieters, der durch die Veräußerung des Mietobjekts nicht schlechter gestellt werden soll, als er vor der Veräußerung stand. Er soll hingegen auch nicht im Verhältnis zu dem Vorvermieter besser gestellt werden, indem diesem mit der Veräußerung stets die Möglichkeit genommen würde, auf die Sicherheit zuzugreifen. Alle vor dem Eigentumswechsel entstandenen und fällig gewordenen Ansprüche verbleiben dem bisherigen Vermieter. Hätte das Landgericht recht, könnte der Mieter von dem neuen Vermieter Rückzahlung der Barkaution fordern. Der alte Vermieter, dem Forderungen aus der Zeit vor dem Eigentumsübergang zustehen, bliebe ungesichert. Dies würde über den mit der gesetzlichen Regelung angestrebten Schutz des Mieters im Falle der Veräußerung des Mietobjekts hinausgehen und ihn in ungerechtfertigter Weise besser stellen und den Vorvermieter damit zugleich ohne hinreichenden Grund benachteiligen.

Folglich kann ein Vermieter eine Kaution auch dann noch zur Deckung seiner rechtskräftig festgestellten Forderung verwerten, wenn er das Mietobjekt bereits veräußert und übereignet hat, sofern sich die Kaution noch in seinem Vermögen befindet. § 566 a BGB bezweckt den Schutz des Mieters, der durch die Veräußerung des Mietobjekts nicht schlechter gestellt werden soll, als er vor der Veräußerung stand. Der Mieter soll aber auch nicht zu Lasten des vormaligen Vermieters ungerechtfertigt besser gestellt werden, indem er die Mietsicherheit von dem Erwerber stets uneingeschränkt zurückfordern kann.