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BGH, Urteil vom 10.09.2014 – XII ZR 56/11 – „Verwaltungskosten, Kosten der Erhaltungslast von Allgemeinflächen und Kosten des Center-Managements”


Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 10.09.2014 – XII ZR 56/11 – erneut zur Frage Stellung genommen, ob in einem formularmäßigen Mietvertrag wirksam Verwaltungskosten, Kosten der Erhaltungslast von Allgemeinflächen und Kosten des Center-Managements umgelegt werden können.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat in Verkennung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rechtsirrig angenommen, die Klauseln, wonach der Mieter die anteiligen Kosten für „die Wartung und Instandhaltung aller technischen Einrichtungen einschließlich der Kosten des Betriebs“ und die Kosten des „Center-Managements“ tragen müsse, seien wirksam. Dem ist der Bundesgerichtshof nicht gefolgt.

1. Verwaltungskosten
Zunächst legt der Bundesgerichtshof er-neut dar, dass die formularmäßige Regelung, wonach der Mieter „Verwaltungskos-ten“ tragen müsse, wirksam ist. Eine Kos-tenobergrenze müsse nicht vereinbart werden. Der Begriff der „Verwaltungskos-ten“ ist auch hinreichend bestimmt im Sin-ne des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Zur Ausfül-lung des Begriffs der Verwaltungskosten kann auf die im Wesentlichen überein-stimmenden Definitionen in § 1 Abs. 2 Nr. 1 Betriebskostenverordnung und § 26 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung zurück-gegriffen werden. Es trifft zwar zu, dass bei gewerblichen Mietobjekten andere Verwal-tungskosten anfallen als bei der Wohn-raummiete. Daraus folgt aber nicht, dass die gesetzliche Definition bei der Gewer-bemiete nicht sinnvoll anzuwenden wäre. Wenn die im Einzelfall anfallenden Verwal-tungskosten auch weitere als die gesetz-lich definierten Positionen erfassen, so folgt daraus allein, dass die Kosten inso-weit bei Heranziehung der gesetzlichen Definition nicht umlegbar sind. Die Trans-parenz des Begriffs der Verwaltungskosten wird dadurch aber nicht ausgeschlossen. Verbleibende Unklarheiten gehen überdies nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Klauselverwenders.
In der Praxis wird demnach häufig zu kurz gesprungen, wenn man kritiklos in die Ne-benkostenabrechnung eingestellte Verwal-tungskosten bezahlt. Verkannt wird näm-lich, dass die Wirksamkeit der Umlagever-einbarung keinesfalls zur Folge hat, dass sämtliche Verwaltungskosten umgelegt werden können. Vielmehr ist im Einzelnen zu prüfen, ob es sich bei den Verwaltungs-kosten um solche im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 1 Betriebskostenverordnung handelt. Da diese Definition auf die Wohnraummie-te zugeschnitten ist, werden häufig eine Vielzahl von bei der Gewerberaummiete anfallenden Verwaltungskosten von dieser Definition nicht erfasst werden und sind deshalb nicht umlagefähig.

In § 1 Abs. 2 Betriebskostenverordnung heißt es zu den Verwaltungskosten:
Zu den Betriebskosten gehören nicht die Kosten der zur Verwaltung des Gebäudes erforderlichen Arbeitskräfte und Einrich-tungen, die Kosten der Aufsicht, der Wert der vom Vermieter persönlich geleisteten Verwaltungsarbeit, die Kosten für die ge-setzlichen oder freiwilligen Prüfungen des Jahresabschlusses und die Kosten für die Geschäftsführung (Verwaltungskosten).

Es dürfte einem Vermieter nicht gerade leicht fallen, in einem Rechtsstreit darzule-gen, dass die von ihm in die Nebenkosten-abrechnung eingestellten Verwaltungskos-ten unter vorstehende Definition subsu-miert werden können.

2. Wartung und Instandhaltung aller technischen Einrichtungen einschließlich der Kosten des Betriebes
Der Bundesgerichtshof entscheidet, dass die Klausel, wonach der Mieter die anteili-gen Kosten für „die Wartung und Instand-haltung aller technischen Einrichtungen einschließlich der Kosten des Betriebes“ tragen solle, einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB nicht standhält. Die Klausel überbürdet dem Mieter anteilig nach der von ihm gemieteten Fläche ohne Begrenzung der Höhe nach die Kosten der Instandhaltung des Einkaufszentrums und seiner Gemeinschaftsanlagen. Die Klausel ist deshalb unwirksam. Unwirksam sind auch weitere Formularklauseln, mit deren, dem Mieter die Instandhaltung im Einzel-nen aufgeführter Anlagen (beispielsweise Stromversorgungsanlagen) auferlegt wer-den sollten.

3. Kosten des Center-Managements
Der Bundesgerichtshof urteilt erneut, dass der Begriff des Center-Managements oder „Center-Managers“ nicht hinreichend be-stimmt ist (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Hin-sichtlich dieses Begriffs fehlt es an ausrei-chender Transparenz. Es ist nicht ersicht-lich, welche Kosten hier einbezogen und welche Leistungen dem Inhalt nach hier-von erfasst werden sollen. Denn gerade weil der Vermieter daneben auch „Kosten für Verwaltung“ und ferner „Raumkosten für Büro- und Verwaltungsräume“ verlangt, ist nicht ersichtlich, welche anderen Kosten unter den Begriff „Center-Manager“ fallen. Der Begriff „Kosten für Center-Manager“ erlaubt keine Eingrenzung der damit inhalt-lich verbundenen Einzelpositionen, da et-wa auch Aufwendungen für Marktanaly-sen, Ermittlung von Kundenwünschen, Werbe- und PR-Maßnahmen, Dekoration, Veranstaltungen sowie sonstige Profilie-rungsmaßnahmen erfasst sein könnten. Da der Umfang der durch den „Center-Manager“ zu ergreifenden Maßnahmen weder vertraglich eingegrenzt ist noch et-wa die Begriffe eines allgemein „Ortsübli-chen und Notwendigen“ eine hinreichend klare Eingrenzung ermöglichen, können die hierunter entstehenden Kosten auch nicht im groben abgeschätzt werden und sind deshalb intransparent. Das gilt auch dann, wenn der mit den Geschäftsbedin-gungen konfrontierte Unternehmer eine bedeutende Marktstellung innehat, auf-grund derer von vornherein hätte versu-chen können, andere Vertragsbedingun-gen auszuhandeln.

4. Keine gesonderte Vereinbarung einer Umlagenregelung durch vorbehaltlose Zahlung
Der Bundesgerichtshof führt erneut aus, dass durch die beanstandungslose Zah-lung von Nebenkostenabrechnungen keine gesonderte Vereinbarung einer Umlagere-gelung zustande kommt. Ein Änderungs-vertrag, der eine erweiterte Umlage von Betriebskosten zum Gegenstand hat, kann zwar grundsätzlich auch stillschweigend zustande kommen. Erforderlich ist dafür aber, dass der Vermieter nach den Ge-samtumständen davon ausgehen kann, der Mieter stimme einer Umlage weiterer Betriebskosten zu. Dafür reicht es grund-sätzlich nicht aus, dass der Mieter Be-triebskostenabrechnungen unter Einbezie-hung bisher nicht wirksam vereinbarter Be-triebskosten lediglich nicht beanstandet. Wenn der Mieter aufgrund einer Neben-kostenabrechnung eine Zahlung erbringt, kommt darin zunächst allein dessen Vor-stellung zum Ausdruck, hierzu verpflichtet zu sein. Anders verhält es sich, wenn aufgrund besonderer Umstände der Ände-rungswille des Vermieters für den Mieter erkennbar ist. Solche besonderen Um-stände lagen im entschiedenen Fall indessen nicht vor.

5. Formularmäßiger Einwendungsauschluss
Der Mietvertrag sah vor, dass der Mieter Einwendungen gegen die Abrechnung innerhalb von vier Wochen nach Zugang der Abrechnung schriftlich erheben muss. Nach Ablauf dieser Frist sind Einwendun-gen gegen die Abrechnung ausgeschlos-sen.
Der Bundesgerichtshof weist darauf hin, dass die Klausel gegen das Regelungs-verbot des § 308 Nr. 5 BGB verstößt. Nach dieser Vorschrift ist eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen un-wirksam, wonach eine Erklärung des Ver-tragspartners des Verwenders bei Vor-nahme oder Unterlassung einer bestimm-ten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Er-klärung eingeräumt ist und der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Be-deutung seines Verhaltens besonders hin-zuweisen. Eine solche Hinweispflicht des Verwenders (des Vermieters) ist im Miet-vertrag nicht begründet worden.
Allerdings ist das Klauselverbot des § 308 Nr. 5 BGB im entschiedenen Fall nicht unmittelbar anwendbar, weil es sich bei dem Mieter um einen Unternehmer han-delt. Auf Allgemeine Geschäftsbedingun-gen, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, findet § 308 BGB keine Anwendung (§ 310 Abs. 1 S. 1 BGB). Sol-che Geschäftsbedingungen unterliegen je-doch der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB, und zwar auch insoweit, als dies zur Unwirksamkeit von Vertragsbe-stimmungen führt, die in § 308 BGB aufge-führt sind. Dabei ist auf die im Handelsver-kehr geltenden Gewohnheiten und Ge-bräuche angemessen Rücksicht zu neh-men (§ 310 Abs. 1 S. 2 BGB). Das bedeu-tet, dass bei der Inhaltskontrolle im unter-nehmerischen Verkehr die in den Klauselverboten zum Ausdruck kommen-den Wertungen berücksichtigt werden sol-len, soweit sie übertragbar sind. Den Klauselverboten kommt im Rahmen der Inhaltskontrolle somit Indizwirkung für die Unwirksamkeit der Klausel auch im unter-nehmerischen Geschäftsverkehr zu. Fällt eine Klausel bei ihrer Verwendung gegen-über Verbrauchern unter eine Verbotsnorm der §§ 308, 309 BGB, so ist dies ein Indiz dafür, dass sie auch im Falle der Verwen-dung gegenüber Unternehmern zu einer unangemessenen Benachteiligung führt, es sei denn, sie kann wegen der besonde-ren Interessen und Bedürfnisse des unter-nehmerischen Geschäftsverkehrs aus-nahmsweise als angemessen angesehen werden (BGHZ 174, 1). Der Bundesge-richtshof entscheidet nicht abschließend, sondern er verweist die Sache an das Be-rufungsgericht zurück, das gegebenenfalls auch Feststellungen zur Frage zu treffen hat, ob es besondere Interessen und Be-dürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs gibt, die die Wertung rechtfertigen, dass die Ausschlussklausel ausnahmsweise als angemessen anzusehen ist.