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Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.07.2021 – V ZR 201/20 – “Verwalterwechsel hinter dem Rücken der Eigentümer“


Die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft haben im Jahr 2014 eine natürliche Person (einen Kaufmann) zur Verwalterin bis zum 30.06.2018 bestellt. 2017 gliederte dieser Kaufmann nach den Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes sein einzelkaufmännisches Unternehmen zur Neugründung einer GmbH aus. Diese GmbH hat 2018 zu einer Eigentümerversammlung eingeladen, in welchem der Beschluss gefasst wurde, dass der bestehende Verwaltervertrag und die Verwalterbestellung bis zum 30.06.2021 verlängert werden. Dieser Beschluss wurde mit dem Argument angefochten, der Beschluss widerspräche ordnungsgemäßer Verwaltung, da es sich tatsächlich um eine Neubestellung eines Verwalters und nicht nur um die Wiederbestellung eines amtierenden Verwalters handelt und deshalb Alternativangebote anderer Verwalter hätten vorgelegt werden müssen.

Der Bundesgerichtshof widerspricht dieser Auffassung und weist die Klage unter Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen ab. Zwar verlangt die Rechtsprechung (V ZR 96/10), dass bei der Neubestellung eines Verwalters regelmäßig geboten ist, Alternativangebote einzuholen. Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um eine derartige Neubestellung. Denn das Verwalteramt ist mit der Ausgliederung bereits 2017 auf die GmbH übergegangen. Das Verwalteramt ist regelmäßig nicht höchstpersönlicher Natur, insbesondere wird eine derartige höchstpersönliche Natur nicht dadurch begründet, wenn ursprünglich eine natürliche Person zum Verwalter bestellt worden ist. Auch die Stellung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft rechtfertigt keine generelle Annahme eines höchstpersönlichen Rechtsverhältnisses. Das Vertrauen der Eigentümer richtet sich im Regelfall auf die Expertise und Leistungsfähigkeit eines Verwalters. Dieses Vertrauen wird nicht bereits dadurch enttäuscht, dass ein Verwalter sein einzelkaufmännisches Unternehmen in eine neu gegründete Kapitalgesellschaft ausgegliedert. Dadurch ist nämlich kein zwingender Verlust an Sachkunde oder Leistungsfähigkeit verbunden. Deutlich wird dies dadurch, dass auch eine natürliche Person, die mehrere Wohnungseigentumsgemeinschaften verwaltet Mitarbeiter beschäftigt, die die Betreuung der einzelnen Objekte übernehmen. In solchen Konstellationen liegt sogar überhaupt kein Personalwechsel in der Bearbeitung vor. Dieser Sichtweise steht auch nicht entgegen, dass die Eigentümer den Wechsel nicht verhindern können, da ihnen ein Recht zur Abberufung und einer außerordentlichen Kündigung des Verwaltervertrages zusteht.

Auch aus der Tatsache, dass der Verwaltervertrag eine natürliche Person als Vertragspartner ausweist, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Denn für eine etwaige ergänzende Vertragsauslegung fehlt es an einer Vertragslücke, nachdem die Vorschriften des Umwandlungsgesetzes eine Regelung dahingehend treffen, dass der Vertrag im Wege der Rechtsnachfolge übergeht. Ohnehin würde die Rechtsnachfolge auch dem hypothetischen Willen der Parteien entsprechen, da ohne den Übergang entweder die Gemeinschaft verwalterlos würde oder aufgrund der Ausgliederung der ursprüngliche Verwalter nicht mehr in der Lage wäre, seine bisherigen Aufgaben zu erfüllen, da der Geschäftsbetrieb auf die Kapitalgesellschaft übergegangen ist.

Der Bundesgerichtshof klärt daher die strittige Frage dahingehend, dass es grundsätzlich für einen Verwalter möglich ist, sein einzelkaufmännisches Unternehmen nach umwandlungsrechtliche Vorschriften auszugliedern und dadurch einen Wechsel des Verwalteramtes herbeizuführen, ohne dass die Eigentümer an diesem Vorgang beteiligt würden. Hierzu kann es damit zu einem Verwalterwechsel „hinter dem Rücken“ der Eigentümer kommen. Diese sind aber ausreichend durch Abberufungs- und Kündigungsmöglichkeiten geschützt. Zudem sieht das Umwandlungsgesetz auch eine 5-jährige Nachhaftung der natürlichen Person für Verbindlichkeiten vor, die auf die juristische Person übergegangen sind.