Project Description

OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.04.2015 – 8 U 143/13 – “Vergütungspflicht für Mehrleistungen beim Pauschalvertrag?


Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat einen regelmäßig auf Baustellen vorkommenden Fall, wonach eine Pauschale vereinbart wurde, Zusatzarbeiten während der Baustelle gefordert wurden, hierüber aber kein (nachweisbarer) Vertrag und kein nachweisbarer Preis vereinbart wurde und der Auftragnehmer am Ende Zusatzrechnungen über Stunden- und Materialaufwand vorlegte, entschieden.

Die Parteien hatten einen Vertrag über Entkernungsarbeiten geschlossen, der Auftragnehmer bot diese Arbeiten mit Einzelpreisen zu einem Gesamtbetrag von EUR 9.500,00 an. Der Auftraggeber behauptete im Verfahren, dass man diesen Betrag als Pauschale vereinbart habe. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat diesen Punkt – in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – dahingehend gelöst, dass es, wenn der Auftraggeber eine Pauschale behauptet, dem Auftragnehmer die Beweislast auferlegt, dass keine Pauschale, sondern eine Abrechnung nach Aufwand (Einheitspreisen) vereinbart war. Dieser Nachweis gelang dem Auftragnehmer nicht. Das Oberlandesgericht nahm also einen Pauschalpreisvertrag zu EUR 9.500,00 an. Vielen Handwerkern ist diese Problemstellung immer noch nicht bekannt und geläufig (obwohl der Bundesgerichtshof dies seit vielen Jahren so ausurteilt).

Es stellte sich für das Oberlandesgericht dann also die Entscheidung, ob ein Zusatzauftrag erteilt wurde oder die Erheblichkeitsschwelle überschritten wurde, was verneint wurde. Da dieser Nachweis nicht gelungen ist, musste das Gericht prüfen, ob bei bestellerseits nicht ausdrücklich geforderten Zusatzarbeiten ein Anspruch des Auftragnehmers aus ungerechtfertigter Bereicherung oder Geschäftsführung ohne Auftrag bestehe, was dann der Fall sein könne, wenn die Leistungen technisch notwendig waren.

In jedem Fall müsse der Auftragnehmer aber, wenn er Zahlungsansprüche für Zusatzleistungen geltend macht, diese Leistungen von den Leistungen, die mit der Pauschale abgegolten sind, nachvollziehbar abgrenzen, was dem Auftragnehmer nicht gelang. Da die Parteien die VOB/B nicht vereinbart haben, hat auch das bloße Wollen und Entgegennehmen der Leistung durch den Auftraggeber nicht zu einem vertraglichen Anspruch geführt, der Auftragnehmer hat statt der von ihm verlangten EUR 24.700,00 nur die Pauschale von EUR 9.500,00 bekommen.

Für beide Parteien wäre der Rechtsstreit und für den Auftragnehmer der Vergütungsausfall ohne weiteres zu vermeiden gewesen, wenn sie rechtzeitig über die Frage, ob es sich um vergütungspflichtige Zusatzleistungen und gegebenenfalls welcher Preis dafür zu entrichten ist, nachvollziehbar miteinander kommuniziert hätten.