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LG Lübeck, Urteil vom 02.11.2016 – 17 O 305/15 – „Unwirksame Umsatzmietvereinbarung


Das Landgericht Lübeck hatte mit Urteil vom 02.11.2016 einen interessanten Rechtsstreit zwischen einem Physiotherapeuten als Untervermieter und einem Arzt als Untermieter zu entscheiden. Der Physiotherapeut hatte Räumlichkeiten zum Betrieb einer Praxis für Physiotherapie angemietet. Einen Teil der Räumlichkeiten vermietete er an einen Arzt unter. Da die Parteien des Untermietvertrages vereinbarten, dass der Physiotherapeut dem Arzt auch Patienten zuführt, wurde eine Umsatzmiete in Verbindung mit einer Mindestmiete vereinbart. Nachdem der Arzt einige Jahre lang die Umsatzmiete zahlte, stellte er dies ab einem gewissen Zeitpunkt ein und zahlte nur noch die Mindestmiete. Der Physiotherapeut verklagte den Arzt zunächst auf Auskunft hinsichtlich der erzielten Umsätze. Diese Klage wies das Landgericht Lübeck mit der Begründung ab, die Umsatzmietvereinbarung sei nichtig. Der Arzt habe gegen § 32 Abs. 1 der Berufsordnung der Ärztekammer Schleswig-Holstein verstoßen und der Physiotherapeut habe § 8 Abs. 2 der Berufsordnung für Physiotherapeuten verletzt. Folglich sei die Umsatzmietvereinbarung wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB nichtig.

Der gewonnene Prozess ließ den Arzt übermütig werden. Der Arzt klagte nämlich auf Rückzahlung der über die Mindestmiete hinausgehenden, von ihm für einen bestimmten Zeitraum bezahlten Umsatzmiete. Das Landgericht Lübeck weist die Klage jedoch ab. Der Arzt hat gegen den Physiotherapeuten keinen Anspruch auf Rückzahlung umsatzabhängiger Mietzahlungen aus ungerechtfertigter Bereicherung. Zwar fehlt es für die Zahlung der Umsatzmiete an einem Rechtsgrund, da die entsprechende Vereinbarung in dem Untermietvertrag gegen die Verbotsgesetze in der Berufsordnung der Ärztekammer und in der Berufsordnung für Physiotherapeuten verstößt. Einem Rückzahlungsanspruch des Arztes gegen den Physiotherapeuten steht jedoch die Vorschrift des § 817 S. 2 BGB entgegen. Gemäß § 817 S. 1 und S. 2 BGB ist die Rückforderung ausgeschlossen, wenn der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt ist, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, weiterhin den Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt. Diese Voraussetzungen liegen nach Auffassung des Landgerichts Lübeck vor. Denn nicht nur der Arzt verstieß gegen die Berufsordnung der Ärztekammer Schleswig-Holstein, sondern auch der Physiotherapeut unterlag dem in der Berufsordnung für Physiotherapeuten enthaltenen Verbot, eine Umsatzmiete zu vereinbaren.

Das Landgericht Lübeck diskutiert noch die Frage, ob § 817 S. 2 BGB (eine Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn sowohl der Empfänger als auch der Leistende gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt) einschränkend auszulegen sei und verneint dies. Sinn und Zweck des Verbots in der Berufsordnung für Physiotherapeuten, eine Umsatzmiete zu vereinbaren, bestehe im Patientenschutz. Es soll durch diese Vorschrift verhindert werden, dass die Überweisung von Patienten an wirtschaftliche Interessen geknüpft wird und nicht ausschließlich unter medizinischen Gesichtspunkten zum Wohl der Patienten getroffen wird. Aus Gründen der Generalprävention zum Schutz der Patienten kann auch die zivilrechtliche Vorschrift des § 817 S. 1 S. 2 BGB abschreckende Wirkung haben. Wer gegen ein Verbot verstößt, verdient keinen Schutz vor den Folgen des Verstoßes, sondern würde durch einen solchen Schutz gerade unbillig begünstigt. Gegenüber der generalpräventiven Wirkung der Verbotsvorschrift und des § 817 S. 1 S. 2 BGB haben Parteiinteressen und Billigkeitserwägungen keinen Vorrang (BGH, Urteil vom 10.04.2014 – VII ZR 241/13).

Vorschriften, die Umsatzmietvereinbarung verbieten, finden sich im Übrigen nicht nur in Berufsordnungen, sondern beispielsweise auch in § 8 Abs. 2 Apothekengesetz.