Project Description
Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.03.2025 – V ZR 105/24 – „Unbillige Benachteiligung bei baulichen Veränderungen“
Mitglieder der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft haben durch Beschluss vom 23.11.2022 einem Eigentümer den Einbau eines Split-Klimagerätes gestattet. Gegen diesen Beschluss erhebt die Klägerin Anfechtungsklage und scheitert in allen drei Instanzen.
Die Kompetenz der Wohnungseigentümer für die Genehmigung des Einbaus des Split-Klimagerätes folgt aus § 20 Abs. 1 WEG, der regelt, dass eine bauliche Veränderung einem Wohnungseigentümer gestattet werden kann. Wenn ein solcher Gestattungsbeschluss vorliegt, ist der Beschluss nur für ungültig zu erklären, wenn die beschlossene Maßnahme die Wohnanlage grundlegend umgestaltet, ein Wohnungseigentümer unbillig benachteiligt wird (§ 20 Abs. 4 WEG) bzw. wenn der Beschluss an einem allgemeinen Beschlussmangel leidet. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob der Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Gestattung hatte, wie der BGH klarstellt.
Eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage durch das Klimagerät lag nicht nur fern, sondern wurde von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Der Bundesgerichtshof bestätigte zudem die Ansicht des Berufungsgerichtes, dass eine unbillige Benachteiligung im Sinne von § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG ebenfalls nicht vorlag. Eine solche unbillige Benachteiligung setzt voraus, dass bei wertender Betrachtung und in Abwägung mit den mit der baulichen Veränderung verfolgten Vorteilen die Maßnahme einem verständigen Wohnungseigentümer in zumutbarer Weise nicht abverlangt werden dürfte. Es genügt dagegen nicht, wenn sich ein verständiger Durchschnittseigentümer beeinträchtigt fühlen kann. Auch Umstände, welche zwangsläufig mit der Maßnahme verbunden sind, können für sich allein nicht einen unbilligen Nachteil begründen. Vielmehr muss die bauliche Veränderung zu einer treuwidrigen Ungleichbehandlung der Wohnungseigentümer führen, indem die Nachteile einem oder mehreren Wohnungseigentümern in größerem Umfang zugemutet werden als den übrigen.
Klargestellt hat der Bundesgerichtshof, dass auch die Auswirkungen des späteren bestimmungsgemäßen Gebrauchs einer baulichen Veränderung (hier die Immissionen aufgrund Betriebs der Klimaanlage) grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind. Vielmehr sind nur die unmittelbar mit der baulichen Veränderung verbundenen Auswirkungen (hier insbesondere die Kernbohrung der Außenfassade) berücksichtigungsfähig. Anders ist es nur, wenn bereits bei der Gestattung für die Wohnungseigentümer evident ist, dass der spätere Gebrauch zwangsläufig mit einer unbilligen Benachteiligung eines oder mehrerer Eigentümer einhergehen wird. Das wäre z.B. denkbar, wenn das Klimagerät in unmittelbarer Nähe eines Schlafzimmerfensters des benachteiligten Sondereigentums montiert werden soll, obwohl andere ebenso geeignete Standorte möglich sind. Das war hier nicht der Fall und wurde auch nicht geltend gemacht.
Etwaige Beeinträchtigungen durch Immissionen sind auf einer anderen Ebene zu berücksichtigen. Die Bestandskraft eines Beschlusses mit welchem dem Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung gestattet wird, schließt nämlich die Abwehransprüche der anderen Eigentümer gegen den Bauwilligen wegen Immissionen im räumlichen Bereich ihres Sondereigentums nicht aus, so der BGH. Daher sind auch deren Interessen gewahrt. Der Gestattungsbeschluss legitimiert daher nicht zugleich die Benutzung der baulichen Veränderung. Denn selbstverständlich muss ein bauwilliger Eigentümer die einschlägigen, auch gesetzlichen Vorgaben insbesondere zum Immissionsschutz einhalten. Davon kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer den Bauwilligen durch Gestattungsbeschluss nicht befreien.
Entschieden hat der Bundesgerichtshof auch, dass die unbillige Benachteiligung objektiv zu beurteilen ist. Auf die gesundheitliche Konstitution der Klägerin kommt es daher nicht an.
Nachdem die Klägerin ihre Klage lediglich auf eine Benachteiligung durch Immissionen gestützt hat, die nicht evident waren, lag eine unbillige Benachteiligung gemäß § 20 Abs. 4 WEG nicht vor, sodass die Klägerin die Mehrheitsentscheidung der Gestattung hinnehmen musste. Der Bundesgerichtshof hat demnach die Abweisung der Anfechtungsklage bestätigt und die Revision der Klägerin zurückgewiesen.