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BGH, Urteil vom 4.5.2011 – XII ZR 112/09 – „Umlage von „Hausverwaltungskosten“


Mit einem erst jetzt veröffentlichten Urteil vom 4.5.2011 – XII ZR 112/09 – hat sich der Bundesge-richtshof erneut mit dem Problem der Umlage von „Hausverwaltungskosten“ in einem gewerblichen Mietvertrag befasst.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Im Jahre 2004 mieteten die Beklagten von der Klägerin gewerbliche Mieträume. Die Vorauszahlungen für Heizkosten beliefen sich auf monatlich EUR 495,00 und für die Betriebskosten ebenfalls auf mo-natlich EUR 495,00. Vereinbart war eine monatliche Grundmiete von EUR 5.197,50. Im Mietvertrag wird geregelt, welche Mietnebenkosten umgelegt werden können. Unter Nr. 17 sind als sonstige Be-triebskosten u.a. „die Kosten der kaufmännischen und technischen Hausverwaltung der Mietsache“ aufgeführt. Mit Schreiben vom 30.10.2006 erfolgte die Abrechnung der Betriebskosten für das Ab-rechnungsjahr 2005. Danach entfällt auf die Verwaltungsgebühren ein Betrag von EUR 2.652,80.
Gegenstand der Klage sind die Verwaltungskosten. Die Mieterin hatte vergeblich geltend gemacht, zur Zahlung der Verwaltungskosten nicht verpflichtet zu sein.

Der Bundesgerichtshof führt unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung zunächst aus, dass eine in einem gewerblichen Mietverhältnis vereinbarte Formularklausel zur Umlage der „Kosten der kaufmännischen und technischen Hausverwaltung“ wirksam und nicht überraschen im Sinne von § 305 c Abs. 1 BGB ist und den Mieter auch nicht im Sinne von § 307 BGB unangemessen benachtei-ligt.
Die Mieterin (die Beklagte) hatte ohne Erfolg argumentiert, dass es sich bei der streitgegenständlichen Klausel um eine Überraschungsklausel im Sinne des § 305 c BGB gehandelt habe, die nicht Ver-tragsbestandteil geworden sei (§ 305 c Abs. 1 BGB: „Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedin-gungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.“).
Der BGH legt dar, dass die Umlegung von Verwaltungskosten auf den gewerblichen Mieter nicht so ungewöhnlich ist, dass dieser als Vertragspartner damit nicht zu rechnen brauchte. Etwas anderes ergibt sich im konkreten Fall weder aus der Art der Kosten noch aus den sonstigen Umständen.
Die Frage der Einbeziehung der Klausel ist aufgrund des Vertragsinhaltes zu beurteilen. Dass die Bewertung der Klausel nicht von der Höhe der Kosten im Einzelfall und deren Verhältnis zu anderen Positionen abhängen kann, zeigt sich schon daran, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht feststehen muss, welche Kosten entstehen werden. Der Mieter ist insoweit vor überhöhten For-derungen durch das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot geschützt, das den Vermieter etwa dazu ver-pflichtet, den Mieter von der Umlegung nicht erforderlicher Kosten freizustellen. Der Vermieter kann die Verwaltungskosten im Rahmen des Ortsüblichen und Notwendigen umlegen. Daraus ergibt sich gleichzeitig, dass die Kosten nicht zu einem Überraschungseffekt führen. Wenn sie sich im Rahmen des Ortsüblichen halten, können sie von dem gewerblichen Mieter wenigstens im Groben abgeschätzt werden.
Unstrittig war, dass die in der Nebenkostenabrechnung vom 30.10.2006 mit 5,5 % der Bruttomiete veranschlagten Verwaltungskosten üblich sind. Daraus folgerte der BGH, dass die Beklagte als ge-werbliche Mieterin aufgrund der Beschreibung der Kostenposition („Kosten der kaufmännischen und technischen Hausverwaltung“) auch ohne zusätzliche Aufklärung oder Bezifferung der Kosten damit rechnen musste, dass Kosten in dieser Größenordnung anfallen werden.
Die Beklagte konnte auch nicht mit ihrer Argumentation durchdringen, die streitgegenständliche Klau-sel würde in Verbindung mit den auf die Nebenkosten zu leistenden Vorauszahlungen die wahre Höhe der vom Mieter insgesamt zu tragenden Betriebskosten verschleiern. Die Vorauszahlungen für Be-triebskosten (ohne Heizkosten) belaufen sich auf monatlich EUR 495,00. Dies ergibt einen Jahresbet-rag von EUR 5.940,00. Dem gegenüber beträgt der auf die Beklagte umgelegte Anteil der Hausver-walterkosten EUR 2.652,80. Zwar belaufen sich die auf die Beklagte umgelegten gesamten Betriebs-kosten (ohne Heizkosten) auf insgesamt EUR 10.381,34. Daraus folgt nach Auffassung des BGH aber nicht, dass die Klausel zur Umlage der Verwaltungskosten überraschend ist. Denn ein Mieter darf nicht ohne Weiteres darauf vertrauen, dass sich die Kosten im Rahmen der Vorauszahlungen halten. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH begründet allein der Umstand, dass die vom gewerblichen Vermieter verlangten Betriebskostenvorauszahlungen die später entstandenen Kosten deutlich unterschreiten, noch keinen Vertrauenstatbestand, der wegen unzureichender Aufklärung eine Scha-densersatzverpflichtung des Vermieters auslösen oder den Mieter aufgrund § 242 BGB (Verstoß ge-gen den Grundsatz von Treu und Glauben) zu einer Leistungsverweigerung berechtigen könnte. Ein solcher Vertrauenstatbestand erfordert vielmehr das Vorliegen besonderer Umstände. Besondere Umstände, die ein Vertrauen der Mieterin darauf rechtfertigen könnten, dass die abzurechnenden Kosten nicht wesentlich über den Vorausauszahlungen liegen würden, waren im konkreten Fall nicht festzustellen. Allein aus dem Umstand, dass die Vorauszahlungen deutlich niedriger als die tatsächli-chen Kosten waren, lässt sich für einen Mieter somit nichts herleiten.
Der BGH meint weiter, dass sich ein Überraschungseffekt auch nicht aus der Stellung der Klausel über die Verwaltungskosten im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergibt. Durch die Platzierung der Klausel in Nr. 17 wird auch im Zusammenhang mit der fehlenden Bezifferung der Kos-ten nicht der Eindruck erweckt, dass es sich um eine vergleichsweise unbedeutende Position handele.
Schließlich folgt nach Meinung des BGH auch nicht aus einer Gesamtwürdigung aller Umstände, hier also der im Mietvertrag nicht genannten konkreten Höhe der Verwaltungskosten sowie die niedriger festgesetzten Vorauszahlungen, dass die Klausel überraschend ist. Der BGH legt dar, wenn die Be-klagte nähere Angaben über die Kosten hätten haben wollen, wären sie gehalten gewesen, beim Vermieter nachzufragen.