Project Description

BGH, Beschluss vom 07.11.2019 – V ZB 135/18 – “Teilungsversteigerung des Familienheimes und Suizidgefahr“


Es hatte der Bundesgerichtshof in einem Beschluss vom 7. November 2019 – V ZB 135/18 (NZM 2020, 476) über einen Sachverhalt zu entscheiden, wonach eine Ehe im Jahr 2012 geschieden wurde, nach der Trennung die Ehefrau im Wohnhaus geblieben ist, welches in hälftigem Miteigentum steht. Im Jahre 2007 hatte der Ehemann den Antrag auf Teilungsversteigerung gestellt. Vor einer Versteigerung wurde das Verfahren wegen akuter Suizidgefahr einstweilen eingestellt. Nach der Einschätzung des Beschwerdegerichts (Landgericht Darmstadt) bestand zwar die akute Suizidgefahr der früheren Ehefrau und Miteigentümerin weiterhin. Es wurde jedoch ausgeführt, dass bei einer Verfahrensdauer von zehn Jahren und einem Alter des Antragstellers von mittlerweile 74 Jahren diesem bei weiterer Einstellung der Teilungsversteigerung wahrscheinlich nie mehr zu Lebzeiten das in der Immobilie gebundene Vermögen zu seiner Lebensführung zur Verfügung stehen wird. Deshalb hatte die Vorinstanz die erneute einstweilige Einstellung abgelehnt.

Durch den Bundesgerichtshof wurde im Ergebnis ausgeführt, dass der Lebensschutz durch staatliche Organe, hier das Zwangsversteigerungsgericht, vorrangig ist. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn vorrangig für den Lebensschutz zuständige andere staatliche Organe nicht handeln oder nicht handeln können. Weiter kommt es nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nicht darauf an, ob sich der in der Immobilie weiter befindliche Miteigentümer einer Therapie verweigert, auch dadurch letztlich eine Versteigerung verhindert. Demgemäß wurde die Teilungsversteigerung weiter eingestellt, ohne zeitliche Beschränkung, mit dem Verweis auf eine vorrangige Verpflichtung auch des Zwangsersteigerungsgerichtes, den Lebensschutz zu gewährleisten. Es sei insoweit nicht Aufgabe des Zwangsversteigerungsgerichts eine Abwägung zwischen den Grundrechtsgütern (Eigentum und Lebensschutz) vorzunehmen.