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BGH, Urteil vom 14.10.2011 – Aktenzeichen V ZR 56/11 – „Stimmrechtsverbot gilt nur in Ausnahmefällen”


Ein Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft hat verschiedene bauliche Veränderungen vorge-nommen. Es wurde daher von einem anderen Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft in einem noch nicht rechtskräftig entschiedenem Parallelrechtsstreit auf Auskunftserteilung über vorgenommene bauliche Veränderungen, auf Versicherung der Richtigkeit der Auskunftserteilung an Eides statt sowie auf Beseitigung der sich aus der Auskunft ergebenen baulichen Veränderung in Anspruch genommen. Während der Anhängigkeit des Parallelrechtsstreits in der Beschwerdeinstanz haben die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft in einer Wohnungseigentümerversammlung mit Stimmen des die baulichen Veränderungen durchführenden Mitglieds beschlossen, die baulichen Veränderungen zu genehmigen.

Der Kläger hat die Beschlüsse mit der Begründung angefochten, dass der Eigentümer, der die baulichen Veränderungen vorgenommen hat, nach § 25 Abs. 5 Alt. 2 WEG nicht abstimmen durfte, da dieser ei-nem Stimmrechtsverbot unterliegt. § 25 Abs. 5 Alt. 2 WEG bestimmt, dass ein Wohnungseigentümer nicht stimmberechtigt ist, wenn die Beschlussfassung die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegen ihn betrifft. Der Bundesgerichtshof stellt fest, dass das Stimmrechtsverbot nicht eingreift, da die Beschlussfassung nur mittelbar auf den Parallelrechtsstreit Einfluss hat. Das Stimmrecht der Wohnungseigentümer gehört zum Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte und darf daher nur aus-nahmsweise und unter eng begrenzten Voraussetzungen eingeschränkt werden. Da mit      § 25 Abs. 5 Alt. 2 WEG nur sichergestellt werden soll, dass die prozessuale Willensbildung frei von den Interessen des Prozessgegners getroffen wird, besteht kein Stimmrechtsverbot bei Abstimmungen, die kein verfahrensrechtliches Verhalten betreffen. Dies gilt selbst dann, wenn die Beschlussfassung Auswirkungen auf den Rechtsstreit in materiell-rechtlicher Hinsicht hat oder haben kann. Aus diesem Grund wurde die Be-schlussanfechtungsklage abgewiesen.