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Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 06.03.2019 – 5 U 1613/18 – “Schönheitsreparaturklauseln in Gewerbemietverträgen“


Mit Beschluss vom 06.03.2019 – 5 U 1613/18 – hat das Oberlandesgericht Dresden entschieden, dass die zu Wohnraummietverträgen ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach die formularvertragliche Überwälzung der nach der gesetzlichen Regelung in §§ 535 Abs. 1 S. 2, 538 BGB den Vermieter treffenden Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen bei einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung der Inhaltskontrolle am Maßstab von § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht standhält, auf gewerbliche Mietverhältnisse zu übertragen ist (ebenso OLG Celle, NJW 2016, 3732).

Mietsache sind Wohnungen, die der Mieter – eine juristische Person – nicht selbst nutzte, sondern an Dritte, etwa an Messegäste, Monteure oder Bauarbeiter überließ. Das Oberlandesgericht Dresden entscheidet zunächst, dass es sich bei einem derartigen Vertragsverhältnis nicht um Wohnungsmiete handelt. Zwar sind Mietgegenstand Wohnungen, die eine juristische Person aber schon begrifflich nicht zu eigenen Wohnzwecken nutzen kann. Ein Wohnraummietvertrag liegt nur vor, wenn der Mieter die Räume nach dem Vertrag zu eigenen Wohnzwecken anmietet, was bei einer juristischen Person schon begrifflich ausgeschlossen ist (BGH, NJW 2008, 3361). Somit lag ein Gewerbemietverhältnis vor.

Mit der Klage begehrt der Vermieter Ersatz des Aufwandes für Renovierungsarbeiten nach Beendigung des Mietverhältnisses. Der Vermieter argumentiert, der Mieter habe sich schadenersatzpflichtig gemacht, weil er die vertraglich geschuldeten Schönheitsreparaturen nicht durchgeführt habe. Insoweit hatten die Parteien im Mietvertrag folgende Regelung getroffen, bei der es sich nach den Feststellungen des Gerichts um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelte:

  1. In dem Mietzins sind keine Kosten für Schönheitskosten einkalkuliert. Der Mieter hat deshalb die anfallenden Schönheitsreparaturen, während der Dauer des Mietverhältnisses, auf seine Kosten durchzuführen.
  2. Die Schönheitsreparaturen umfassen das Streichen der Wände und Decken, weiter das Reinigen von Parkett- und Teppichböden, das Lackieren von Heizkörpern und Heizrohren, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von Innen.
  3. Der Mieter hat die Schönheitsreparaturen nach Zweck, Art und Benutzung der Mieträume dann auszuführen, wenn das Aussehen der Räume mehr als nur unerheblich durch den Gebrauch beeinträchtigt ist.

Im Wege der Beweisaufnahme war festgestellt worden, dass die Wohnungen im Zeitpunkt der Übergabe einen abgewohnten Zustand aufwiesen. Das führt dazu, dass die Klauseln zur Durchführung der Schönheitsreparaturen unwirksam sind. Die Regelung zur Übertragung der Durchführung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter war eine vom Vermieter gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung, welche wegen der Überlassung der Mietobjekte im unrenovierten Zustand nach der zum Wohnraummietvertrag ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam war. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Wohnraummietverträgen (BGH, NJW 2015, 1594 und BGH, NJW 2018, 3302) hält die formularvertragliche Abwälzung der nach der gesetzlichen Regelung in §§ 535 Abs. 1 S. 2, 538 BGB den Vermieter treffenden Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen im Falle einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, sofern der Vermieter den Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewährt hat, der ihn so stellt, als habe der Vermieter ihm eine renovierte Wohnung überlassen. Nach diesen Kriterien ist auch die Klausel in dem streitgegenständlichen Mietvertrag unwirksam, weil eine unrenovierte bzw. renovierungsbedürftige Wohnung überlassen wurde und die laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter übertragen werden sollen, ohne dass ein angemessener Ausgleich gewährt wird, welcher den Mieter so stellt, als habe der Vermieter ihm eine renovierte Wohnung überlassen. Zwar enthält die Regelung im Mietvertrag die Aussage, in dem Mietzins seien keine Kosten für Schönheitsreparaturen einkalkuliert, was dahin verstanden werden könnte, dass der Mieter im laufenden Mietverhältnis eine niedrigere Miete zu zahlen hätte, als dies der Fall gewesen wäre, wenn die Verpflichtung zur Ausführung der Schönheitsreparaturen entsprechend der gesetzlichen Regelung beim Vermieter verblieben wäre. Auch wenn man dieses Verständnis zugrundelegen würde, beträfe dies aber nur das Austauschverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Mietvertrag und stellt insoweit nur den Ausgleich her, ohne den die Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter von vornherein unangemessen wäre (vergleiche BGH, NJW 1988, 2790, 2792; BGH, NJW 2007, 3632 Rn. 15). Der von der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geforderte angemessene Ausgleich soll aber nicht den Aufwand kompensieren, welchen der Mieter mit der Durchführung der Schönheitsreparaturen im laufenden Mietverhältnis hat, sondern ihn (weitergehend) so stellen, als sei ihm renovierter Wohnraum überlassen, um damit die Verpflichtung des Mieters zur Beseitigung (auch) vorvertraglicher Abnutzungsspuren zu kompensieren. Einen solchen Ausgleich enthält aber die Klausel des hier zu beurteilenden Mietvertrags nicht.

Das Oberlandesgericht vertritt die zustimmungswürdige Auffassung, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Wohnraummietverhältnissen auf gewerbliche Mietverhältnisse zu übertragen ist (ebenso unter anderem OLG Celle, NJW 2016, 3732; Zehelein, NZM 2017, 137; Lindner-Figura, Geschäftsraumiete, 4. Aufl., Kap. 16 Rn. 156). Maßgeblicher Grund für die Rechtsprechung zur Unwirksamkeit der formularvertraglichen Überwälzung der Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung ohne angemessenen Ausgleich ist nicht die Verpflichtung zur Vornahme der laufenden Schönheitsreparaturen als solche, sondern die Verpflichtung des Mieters zur Beseitigung von Gebrauchsspuren, die nicht er, sondern der Vormieter verursacht hat, und infolgedessen auch die Unmöglichkeit der Begrenzung der in der Klausel enthaltenen Verpflichtung zur Vornahme der laufenden Schönheitsreparaturen auf diejenigen Abnutzungsspuren, welche erst nach dem Mietbeginn entstehen und deshalb dem Mieter zugerechnet werden können. Indem die Klausel dem Mieter die Beseitigung von ihm nicht zu vertretender Abnutzungserscheinungen auferlegt, ohne ihm dafür eine Kompensation zu gewähren, weicht sie in für ihn unangemessener Art und Weise im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB von der gesetzlichen Regelung ab. Hinzu tritt das praktische Problem der im Einzelfall bestehenden Unmöglichkeit der Abgrenzung zwischen den schon vorhandenen Gebrauchsspuren und den vom Mieter durch seinen Gebrauch hinzugefügten, was im Ergebnis einer vom Mieter durchgeführten Renovierung dazu führen kann, dass der Mieter die Wohnung nach Durchführung der von ihm vorzunehmenden Renovierung in einem besseren Zustand an den Vermieter zurückzugeben hat, als diese zum Zeitpunkt der Überlassung an ihn hatte. Diese Überlegungen zeigen, dass die für den Wohnraummietvertrag entwickelte höchstrichterliche Rechtsprechung auf gewerbliche Mietverhältnisse übertragbar ist, weil in beiden Arten von Mietverhältnissen von derselben gesetzlichen Regelung in §§ 535 Abs. 1 S. 2, 538 BGB abgewichen wird und sich in beiden Fällen dasselbe Problem der fehlenden Kompensation für die Verpflichtung zur Beseitigung von Gebrauchsspuren stellt, welche dem Mieter nicht zuzurechnen sind. Zudem stellt sich auch für beide Mietvertragsarten dasselbe tatsächliche Abgrenzungsproblem zwischen den schon zu Beginn des Mietverhältnisses vorliegenden Abnutzungserscheinungen und denjenigen, welche der Mieter im Laufe der Mietzeit verursacht. Im Ergebnis führt dies zur Übertragbarkeit der zum Wohnraummietrecht ergangenen Entscheidungen auf den Bereich der gewerblichen Miete.